In der vierten Staffel der Netflix-Serie "The Crown", die seit 15. November abrufbar ist, werden sowohl Premierministerin Margaret Thatcher, gespielt von Gillian Anderson (52), als auch Lady Diana Spencer (Emma Corrin, 24) dem "Balmoral-Test" unterzogen. Wie nah dran ist die TV-Show hier an der Realität?
Britischen Medienberichten zufolge gibt es tatsächlich Geschichten über einen sogenannten "Balmoral-Test", bei dem die königliche Familie sich ansieht, wie sich ihre Gäste verhalten und sich den Regeln anpassen. Einschließlich des sehr unangenehmen Moments, der ebenfalls in "The Crown" gezeigt wird: Thatcher sitzt bei ihrem Besuch auf dem schottischen Schloss auf Königin Victorias (1819-1901) Stuhl.
In dem Buch "Diana: Ihre wahre Geschichte", das auf Interviews mit Prinzessin Diana basiert, schreibt Andrew Morton (67) demnach über Balmoral: Seit Königin Victoria das Anwesen 1848 kaufte, habe es einen besonderen Platz im Herzen der königlichen Familie. "Die Macken und obskuren Familientraditionen", die im Laufe der Jahre entstanden seien, könnten Neuankömmlinge allerdings einschüchtern. "Setzen Sie sich nicht dorthin", sollen Gäste zu Ohren bekommen haben, die "dumm genug" gewesen seien, sich auf einem Stuhl im Salon zu setzen, der zuletzt von Königin Victoria selbst benutzt wurde. Genauso ist es laut "The Crown" Thatcher ergangen.
Prinz-Philip-Darsteller Tobias Menzies (46) wird von "The Version" zitiert: "Es ist Tradition, dass alle Premierminister im August nach Balmoral eingeladen werden." Margaret Thatcher reist in der TV-Serie mit ihrem Ehemann Denis Thatcher nach Schottland: "Es geht nicht gut aus, sie ist ein Fisch ohne Wasser, sie ist amüsiert, gedemütigt und verwirrt von den seltsamen Regeln, und am Ende stellt es eine gewisse Distanz zwischen Thatcher und der Königin her, die sich dann während der gesamten Staffel fortsetzt."
Die "echte" Thatcher erwähnte eine solche Episode nie. Berichten zufolge soll aber kein Zweifel daran bestanden haben, dass Thatcher es nicht mochte, nach Balmoral zu reisen. In John Campbells Buch "The Iron Lady" heißt es: "Frau Thatcher hasste es, einmal im Jahr nach Balmoral zu müssen. Sie hatte kein Interesse an Pferden, Hunden oder Country-Sportarten und betrachtete das Outdoor-Leben - lange Spaziergänge und Picknicks bei jedem Wetter -, das die königliche Familie im Urlaub genoss, als 'Fegefeuer'." Auch dass Thatcher, wie "The Crown" es darstellt, keine passenden Schuhe besaß, soll der Wahrheit entsprechen. Die Premierministerin konnte es angeblich tatsächlich nicht abwarten, Balmoral zu entkommen. Und die Queen soll nicht unglücklich gewesen sein, als sie abreiste.
Während Thatcher in "The Crown" in Balmoral untergeht, gelingt Diana der große Triumph "am wichtigsten Wochenende ihres Lebens", wie ihre Großmutter ihr bei der Ankunft einschärft. "Diejenigen, die erfolgreich durch dieses soziale Minenfeld navigieren, das im Volksmund als 'Balmoral-Test' bekannt ist, werden von der königlichen Familie akzeptiert. Diejenigen, die versagen, verschwinden so schnell aus der königlichen Gunst, wie die Nebel im Hochland kommen und gehen", schreibt Andrew Morton in seinem Buch.
Neben Queen Victorias Stuhl gibt es in Balmoral offenbar weitere mögliche Fettnäpfchen: eine strenge Kleiderordnung, die ständige Wechsel der Outfits beinhaltet, oder eine unveränderliche Reihenfolge an Aktivitäten... In "The Diana Chronicles" schreibt Tina Brown, dass Diana die Queen bei ihrem ersten Treffen dort tatsächlich damit beeindruckte, wie glücklich sie Spaziergänge durch die schottischen Moore machten: "Die Königin fand sie charmant und angemessen." Diana habe den Test "dank ihres aristokratischen Hintergrunds und ihrer Erziehung" locker bestanden, erklärt auch Royal-Experte Omid Scobie bei "Bazaar.com".
Echt war die Liebe zum Landleben angeblich aber nicht: Diana soll sich verstellt haben, weil sie "verrückt nach Charles war", heißt es bei Andrew Morton. Als ihre Ehe anfing zu kriseln, soll sie die Aufenthalte in Balmoral und die "schlechte Atmosphäre dort" ihrem Biografen zufolge gehasst haben: Anstatt Urlaub sei es "die stressigste Zeit des Jahres" gewesen.