87178:

Zweite Bundeswehrmaschine zur Evakuierung in Kabul gelandet

Internes Dokument: Ministerium sieht Rettungschancen für Ortskräfte pessimistisch

Mit der Landung eines zweiten Transportflugzeugs auf dem Flughafen von Kabul hat die Bundeswehr am Dienstag ihre Evakuierungsmission in Afghanistan fortgesetzt. “Wir nehmen alles mit, was vom Platz her in unsere Flugzeuge passt”, sagte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in Berlin. Dies betreffe deutsche Staatsbürger, gefährdete Afghanen und Staatsbürger verbündeter Nationen. In einem vertraulichen Dokument beschreibt das Bundesverteidigungsministeriums derweil wachsende Schwierigkeiten bei der Rettung afghanischer Ortskräfte.

Gemeinsames Ziel mit den Verbündeten sei es, “so viele wie möglich auszufliegen”, sagte Kramp-Karrenbauer. Die Ministerin gab bekannt, dass deutsche Soldaten am Flughafen Kabul Stellung bezogen hätten, um die Rettungsflüge abzusichern. Ihre wichtigste Aufgabe sei es angesichts der instabilen Lage am Flughafen, “diejenigen, die abfliegen, zum Flugzeug zu bringen. Dazu brauchen wir eigene Kräfte.”

Wie lange die Rettungsaktion dauern werde, konnte Kramp-Karrenbauer nicht sagen. Die Bundeswehr habe sich auf zwei Szenarien eingestellt: Beim ersten gebe nur einen sehr “kurzen Zeitslot” für die Evakuierungsflüge. Das zweite Szenario sehe vor, dass die Luftwaffe möglicherweise bis in die kommende Woche hinein “eine echte Luftbrücke” aufbauen könne. Für Dienstagnachmittag wurde erneut der Krisenstab der Bundesregierung zusammengerufen, wie das Auswärtige Amt mitteilte.

Einem internen Dokument des Bundesverteidigungsministeriums zufolge ermöglichen die Taliban ausländschen Staatsangehörigen die zunehmend geordnete Ausreise über den Flughafen – für afghanische Staatsbürger werde die Zufahrt zum Flughafen aktuell aber erschwert.

“Rund um den Flughafen Kabul wurden Sicherungsposten durch die Taliban eingerichtet, die die Zufahrt zum Flughafen kontrollieren”, heißt es in einem als “Verschlusssache” eingestuften Lagebericht des Ministeriums an den Bundestag; das Papier liegt der Nachrichtenagentur AFP vor. “Dadurch beginnt sich die Lage am Flughafen zu beruhigen.”

Weiter heißt es zur aktuellen Lage: “Mit der Abriegelung des Flughafens ermöglichen die Taliban den internationalen Kräften zunehmend einen geordneten Flugverkehr zur Evakuierung ihrer Staatsangehörigen einzurichten. Gleichzeitig wird jedoch durch die Abriegelung des Flughafens für afghanische Staatsbürger eine Evakuierung ehemaliger afghanische Ortskräfte erschwert.”

Zu der geplanten Luftbrücke heißt es in dem Schreiben: “Es ist beabsichtigt, die zu evakuierenden Personen in mehreren Umläufen mit geschütztem militärischen Lufttransportraum von Kabul in das sichere Umfeld des Gastlandes Usbekistan auszufliegen und sie in einem weiteren Schritt von dort aus unter Federführung des Auswärtigen Amtes nach Deutschland zu verlegen.”

Das in Kabul verbliebene Personal der deutschen Botschaft sei bereits durch ein Krisenunterstützungsteam verstärkt worden, heißt es in dem Sachstandsbericht weiter.

“Die Lage in Afghanistan hat sich in den letzten Wochen sehr dynamisch und in einer nicht vorhersehbaren Geschwindigkeit verschlechtert”, heißt es in dem Bericht des Ministeriums. “Während die Offensiven der Taliban auf ganze Distrikte beziehungsweise Provinzhauptstädte nur einen Auslöser für diese Entwicklung darstellen, ist der hauptsächliche Grund in den dynamischen Auflösungserscheinungen der afghanischen Sicherheitskräfte zu suchen.”

by Wakil Kohsar

Beliebteste Artikel Aktuell: