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Zunehmende Hoffnung auf Feuerpause im Nahen Osten

Israels Sicherheitskabinett tritt zusammen - Maas betont Solidarität mit Israel

Im Nahost-Konflikt hat die Hoffnung auf eine baldige Waffenruhe am Donnerstag neue Nahrung bekommen. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Regierungskreisen erfuhr, sollte noch am Abend das israelische Sicherheitskabinett zu Beratungen über eine Feuerpause zusammentreten. Für eine Entschärfung des Konflikts setzte sich auch Deutschland ein: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) führte am Donnerstag politische Gespräche in der Region; Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warb in einem Telefonat mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für eine Deeskalation.

Die Beratungen des israelischen Sicherheitskabinetts sollten nach AFP-Informationen um 19.00 Uhr (Ortszeit; 18.00 Uhr MESZ) beginnen. Teilnehmen sollten neben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auch hochrangige Armeevertreter.

Bei einem Treffen mit seinem israelischen Kollegen Gabi Aschkenasi in Tel Aviv hatte Bundesaußenminister Maas am Vormittag die deutsche Solidarität mit Israel bekräftigt. "Für uns ist die Sicherheit Israels und genauso die Sicherheit aller Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht verhandelbar, und darauf kann sich Israel immer verlassen", sagte Maas.

Zugleich mahnte Maas ein Ende der bewaffneten Auseinandersetzung an. Die Gewalteskalation habe das Leid der Menschen auf beiden Seiten vergrößert. Die Bundesregierung unterstütze die internationalen Bemühungen um einen Waffenstillstand, fügte Maas hinzu, der nach seinen Gesprächen mit israelischen Regierungsvertreten nach Ramallah zu einem Treffen mit Palästinenserpräsident Abbas weiterreisen wollte.

Mit Abbas telefonierte am Donnerstag auch Bundeskanzlerin Merkel. Beide seien sich in ihrer Unterstützung der Initiativen für einen zügigen Waffenstillstand einig gewesen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Merkel habe außerdem Israels Recht auf Selbstverteidigung gegenüber den Raketenangriffen aus dem Gaza-Streifen unterstrichen.

Beim WDR-Europaforum hatte Merkel zuvor "indirekte Kontakte" zur Hamas für unabdingbar erklärt, um ein Ende der Gewalt zu erreichen. "Natürlich muss Hamas in gewisser Weise eingebunden sein, ohne Hamas gibt es auch keinen Waffenstillstand."

Nach Diplomatenangaben reiste der UN-Nahost-Koordinator Tor Wennesland derweil nach Katar, um sich bei einem Treffen mit Hamas-Führer Ismail Hanijeh um eine Beruhigung der Lage zu bemühen. Ein ranghoher Vertreter der Hamas sagte AFP, es gebe "intensive" Verhandlungen unter Beteiligung Katars. Er rechne mit einer "Rückkehr zur Ruhe in den kommenden Stunden" oder am Freitag.

Die internationalen Bemühungen für eine Deeskalation waren bislang ins Leere gelaufen. In der Nacht zum Donnerstag wurden nach Angaben der israelischen Armee rund 70 Raketen aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert. Israels Luftwaffe setzte derweil ihre Angriffe auf Einrichtungen der Hamas fort und nahm dabei unter anderem Tunnelsysteme der militanten Gruppe unter Beschuss. Nach palästinensischen Angaben wurden erneut fünf Menschen getötet.

Netanjahu hatte am Mittwoch seine Entschlossenheit betont, den Einsatz gegen die Hamas fortzusetzen, bis "Ruhe und Sicherheit" wieder gewährleistet seien. Er reagierte damit auf eine Forderung von US-Präsident Joe Biden, eine "bedeutsame Deeskalation auf dem Weg zu einer Waffenruhe" herbeizuführen.

Die Kampfhandlungen müssten "sofort" eingestellt werden, forderte am Donnerstag auch UN-Generalsekretär Antóntio Guterres. "Wenn es die Hölle auf Erden gibt, dann sind es die Leben von Kindern in Gaza", fügte er hinzu.

Zuvor hatten auch das Rote Kreuz und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert, das Leid der Zivilbevölkerung zu beenden und die Kämpfe einzustellen. Laut WHO werden in den kommenden Monaten sieben Millionen Dollar benötigt, um Nothilfe in den Palästinensergebieten zu leisten.

Nach palästinensischen Angaben wurden im Gazastreifen seit der Gewalteskalation vor elf Tagen bereits mehr als 230 Menschen getötet, darunter 65 Kinder. Etwa 120.000 Menschen mussten demnach aus ihren Häusern flüchten. Israel meldete bislang zwölf Tote durch den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen. Die meisten der mehr als 4000 Raketen konnten vom israelischen Raketenabwehrsystem Iron Dome abgefangen werden. Einer der Auslöser der aktuellen Gewalteskalation war die drohende Zwangsräumung palästinensischer Wohnungen in Ost-Jerusalem.

by Von Adel ZAANOUN