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Zu wenig Impfstoff für junge Menschen! Nehmen die Älteren den Jüngeren den Impfstoff weg?

Ab dem 7. Juni wird die Impfpriorisierung in Deutschland komplett aufgehoben. Doch ob sich das Impftempo dadurch tatsächlich weiter erhöhen wird, steht in den Sternen. Denn vor allem ältere Menschen wollen sich nicht mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen. Dies sorgt bei vielen jüngeren Menschen schon jetzt für Frust.

Impfpriorisierung wird ab 7. Juni aufgehoben

Am 7. Juni ist es endlich soweit. Dann kann jeder Bundesbürger unabhängig von seinem Alter einen Impftermin beantragen. In Bayern und einigen anderen Bundesländer ist die Impfpriorisierung bereits weggefallen. Doch trotzdem ändert sich vor allem für die jungen Menschen bisher erst einmal nichts. “Ich habe fast alle Arztpraxen in der Stadt angerufen. Die Listen sind überall voll, Termine für Biontech gibt es frühestens ab Mitte Juli”, schildert Studentin Kristina Stadtmüller ihre Erfahrung. Aktuell studiert die 23-Jährige im bayrischen Passau Kulturwirtschaft. Wie viele Studenten hat Kristina seit 3 Semestern die Universität nicht mehr von innen gesehen. Zur Zeit ist sie mit der Fertigstellung ihrer Bachelorarbeit beschäftigt. Sie würde sich gerne sofort impfen lassen, allerdings nur mit einem mRNA-Impfstoff. Denn vor allem bei jüngeren Frauen besteht sowohl bei den Vektorimpfstoffen von AstraZeneca und Johnson&Johnson ein Risiko auf eine schwere Sinusvenenthrombose. Zwar sind solche Nebenwirkungen äusserst selten, doch für Kristina ist das Risiko denoch zu groß. “Klar will ich so schnell wie möglich geimpft werden, aber ich hätte definitiv kein gutes Bauchgefühl bei einer Impfung mit AstraZeneca, deshalb warte ich, auch wenn das noch lange dauert”, schildert die Studentin. Und Kristina ist kein Einzelfall. Bei anderen Menschen spielt zudem auch eine wichtige Rolle, dass die Zweitimpfung bei den mRNA-Impfstoffen nach 6 Wochen erfolgt, während die Zweitimpfung mit AstraZenca erst nach 12 Wochen vorgenommen wird.

Junge Leute möchten sich impfen lassen

Bei Marieke Molter liegt der Fall anders. Die 25-Jährige würde sich lieber heute als morgen impfen lassen. Zur Zeit verbringt die junge Frau in Elternzeit und hat kaum Kontakt zu anderen Menschen. “Jeder Tag ist irgendwie gleich, meine Tochter kennt andere Menschen nur draußen, mit Maske. Ich würde mich freuen, wenn wir zusammen zum Babyschwimmen, in eine Krabbelgruppe oder zum Kinderturnen gehen könnten, aber das ist alles nicht möglich”, klagt die junge Frau, die zwar auch Bedenken wegen der Nebenwirkungen hat, sich aber trotzdem sofort mit AstraZeneca impfen lassen würde. “Einfach um endlich wieder einen Alltag zu haben, in den Baumarkt oder ins Café zu gehen.” Aber auch sie erhält keinen Impftermin. Denn noch immer ist der Impfstoff knapp und die Wartelisten voll. Andererseits kommt es immer wieder vor, dass Menschen über 60 Jahren auf einen mRNA-Impfstoff bestehen und ihren Termin absagen, wenn ihnen eine Impfung mit AstraZeneca angeboten wird.

Bringen die alteren Menschen die jüngeren Menschen um ein zügige Impfchance?

Hausarzt Christian Kröner aus Neu-Ulm kennt diese Probleme mittlerweile gut. “Wir spielen dieses Spiel nicht mit, es geht einfach nicht”, sagt der Mediziner, der bereits 3.500 Voranmeldungen für Impfungen auf seiner Warteliste hat. Dabei handelt es sich um Menschen aus ganz Deutschland, da in der Bundesrepublik die freie Hausarztwahl gilt. “Wenn die alle BioNTech wollen, dann sind wir bis Weihnachten nicht fertig”, macht Kröner deutlich in dessen Praxis seit April geimpft wird. Wobei die 20 Euro pro Impfdosis nicht der Anreiz für Kröner sind, sondern viel mehr der Wunsch so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich zu impfen. “Ich habe im Moment 1.000 Impfdosen AstraZeneca und 120 BioNTech-Dosen im Kühlschrank. Wenn ich jetzt anfange, denen BioNTech zu geben, die meinen, sie brauchen ihn, dann habe ich keinen mehr für die Leute, die ihn medizinisch wirklich brauchen: vor allem junge Frauen und Schwangere.” Deshalb versucht Kröner auf die Patienten einzuwirken und denen klarzumachen, das es sich nicht um ein Wunschkonzert handelt. “Wer sich nicht mit AstraZeneca impfen lassen möchte, hat ein gutes Recht dazu. Aber dann sind sie nicht mehr in der Prio, dann sind sie dran, wenn wir genug haben – und das dauert”, erklärt der Arzt, der von einer großen Nachfrage nach Impfstoff auch unter jungen Menschen berichtet. Man darf gespannt sein, wie sich die Situation entwickeln wird, wenn die Impfpriorität tatsächlich fällt.

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