In London sind am Samstag zehntausende Menschen bei einer pro-palästinensischen Demonstration auf die Straße gegangen. Der "Nationale Marsch für Palästina" begann gegen 12.00 Uhr Ortszeit (13.00 Uhr MEZ) in der britischen Hauptstadt, Teilnehmer schwenkten palästinensische Flaggen und riefen Slogans wie "Waffenstillstand jetzt" und "Freies Palästina". Die Polizei rechnete mit bis zu 100.000 Teilnehmern. Begleitet wurde die Veranstaltung von 1850 Polizisten.
Die Sicherheitslage wurde als heikel eingeschätzt - auch, weil ebenfalls am Samstag die alljährlichen Feierlichkeiten zum sogennanten Armistice Day stattfanden, an dem in Großbritannien der Toten des Ersten Weltkriegs gedacht wird.
Nahe dem Kenotaph, einem bedeutenden Weltkriegsdenkmal im Londoner Regierungsviertel, kam es zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Gegendemonstranten. Letztere hatten versucht, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Ein großer Teil der Gegendemonstranten war vollständig in Schwarz gekleidet und vermummt und trug englische und britische Flaggen.
Im Stadtviertel Chinatown griffen Gegendemonstranten Einsatzkräfte der Polizei an. Der stellvertretende Leiter der Londoner Polizei, Laurence Taylor, hatte zuvor erklärt, unter den Gegendemonstranten würden sich "wahrscheinlich" auch Fußball-Hooligans befinden. Britischen Medienberichten zufolge war unter ihnen auch der Anführer der rechtsradikalen English Defence League, Tommy Robinson.
Die pro-palästinensische Demonstration richtete sich gegen das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen. Mit ihren massiven Angriffen dort reagiert die israelische Armee auf den beispiellos brutalen Angriff der Hamas auf Israel. Hunderte Hamas-Kämpfer waren am 7. Oktober auf israelisches Gebiet eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt, darunter zahlreiche Kinder. Nach israelischen Angaben wurden dabei 1200 Menschen getötet und rund 240 Menschen als Geiseln verschleppt.
Im Gazastreifen wurden nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, seither mehr als 11.000 Menschen getötet, darunter 4500 Kinder.
Die Pro-Palästina-Demonstration in London hatte bereits im Vorfeld zu politischem Streit geführt. Der britische Premierminister Rishi Sunak hatte die Teilnehmer am Freitag dazu aufgerufen, "respektvoll und friedlich" zu demonstrieren. Mehrere seiner Minister hatten zuvor ein Verbot der Demonstration gefordert - was Kritiker als unzulässige Einmischung in die Arbeit der Polizei werteten.
Bei früheren pro-palästinensischen Demonstrationen hatte die Londoner Polizei rund 100 Menschen festgenommen - unter anderem wegen mutmaßlicher Unterstützung der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, die in Großbritannien wie in der EU als Terrororganisation eingestuft wird.
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