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Zehn Jahre Haft wegen Mordplanung in tschetschenischem Regierungsauftrag

Wegen der Vorbereitung eines politischen Mordes im Auftrag eines Cousins des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow hat das Oberlandesgericht (OLG) München einen russischen Staatsbürger tschetschenischer Abstammung zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Richterinnen und Richter sahen es nach Gerichtsangaben am Donnerstag als erwiesen an, dass der in Deutschland lebende Angeklagte Walid D. sich diesem gegenüber bereit erklärt hatte, die Tötung eines im deutschen Exil lebenden tschetschenischen Oppositionellen zu organisieren.

Nach Überzeugung des Gerichts war die Organisation des Mordanschlags zum Zeitpunkt der Festnahme des Beschuldigten Anfang 2021 schon "weit gediehen". Demnach hatte der Mann bereits eine Schusswaffe besorgt, das potenzielle Opfer ausgespäht sowie einen weiteren Tschetschenen mit der eigentlichen Tatausführung beauftragt. Dieser ließ sich demnach aber nur aus Angst vor Repressalien zum Schein auf das Komplott ein, wie die Beweisaufnahme ergab.

Nach einer Einreise nach Deutschland als Asylbewerber offenbarte sich dieser Mann Ende 2020 in einer Flüchtlingsunterkunft einem Mitbewohner, der dann das Opfer informierte. Dieses schaltete wiederum die Polizei ein, was zur Festnahme des Angeklagten führte. Der als Killer auserkorene Tschetschene sagte in dem Prozess auch als Zeuge aus, auf seine Aussagen stützte das OLG nach eigenen Angaben nach weiteren Prüfungen in der Beweisaufnahme das Urteil wesentlich.

Das Urteil gegen den zum Zeitpunkt des Prozessbeginns vor etwas mehr als einem Jahr 47-jährigen D. erging wegen Sichbereiterklärens zum Mord und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Dazu kamen noch Delikte nach dem Waffengesetz. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht ein Jahr unter dem von der Bundesanwaltschaft gefordertem Strafmaß. Diese hatte in ihrem Plädoyer vor zwei Monaten eine Gefängnisstrafe von elf Jahren beantragt.

Tschetschenien ist eine teilautonome Republik innerhalb Russlands, der dort herrschende Machthaber Kadyrow ist ein enger Verbündeter des russischen Staatschefs Wladimir Putin. Kadyrows Sicherheitskräfte beteiligten sich unter anderem auch an der Seite Russlands am Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Nach Feststellungen des Münchner Gerichts sollte der Mordanschlag auf den in Deutschland lebenden Exiloppositionellen, der an dem Prozess als Nebenkläger teilnahm, hauptsächlich dessen in Schweden lebenden Bruder treffen. Dieser gehört demnach zu den bekanntesten und profiliertesten Kritikern Kadyrows und entging selbst schon Anschlägen. "Diese politische Zielsetzung des Auftrags kannte und billigte der Angeklagte", hieß es dazu in der Urteilsbegründung.

D. wurde nach früheren Ermittlerangaben am 1. Januar 2021 festgenommen und kam danach in Untersuchungshaft, wenig später übernahm die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe den Fall aufgrund der internationalen Dimensionen. Demnach stand der schon seit langem in Deutschland lebende Beschuldigte in engem Kontakt mit Mitgliedern des tschetschenischen Sicherheitsapparats. Den Auftrag zur Organisation der Tat erhielt er sogar von einem Cousin Kadyrows persönlich.

Dieser enge Verwandte des tschetschenischen Machthabers wählte nach früheren Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe auch den Schützen aus, der sich später offenbarte und die Anschlagspläne so vereitelte. Demnach nahm der nun in München verurteilte D. den Mann in Tschetschenien im Empfang und schleuste ihn im September 2020 nach Deutschland. Er absolvierte mit diesem zudem eine Schießübung und kundschaftete mit ihm den Wohnort des Opfers aus.

Von Russland aus wurden in den vergangenen Jahren laut westlichen Regierungen bereits mehrfach Mordanschläge auf Regierungsgegner auf ausländischem Boden verübt. Die russische Regierung wies die entsprechenden Vorwürfe stets zurück.

Auch Deutschland war schon betroffen. Ende 2021 wurde ein Russe in Berlin zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er nach Überzeugung des Gerichts im Auftrag des russischen Staats 2019 einen tschetschenischstämmigen Georgier im Kleinen Tiergarten erschoss. Die Tat in dem Berliner Park belastete die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland bereits lange vor dem Ukraine-Krieg schwer.

Das Münchner Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl der Angeklagte als auch die Bundesanwaltschaft können gegen die Entscheidung des OLG Revision einlegen.

bro/cfm