Seit 28 Jahren ist Wolfgang Bahro (60) als Bösewicht Jo Gerner bei "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" zu sehen. Für viele Fans ist die RTL-Serie ohne den intriganten Anwalt völlig undenkbar. Dass ihm die Figur so manche Tür geöffnet hat, ist dem Schauspieler bewusst. Seiner Rolle und seinem heutigen 60. Geburtstag zu Ehren veröffentlichte Bahro am 15. September die Biografie "Immer wieder Gerner - Mein Leben als Bösewicht der Nation" (Riva Verlag). Was ihn Jo Gerner gelehrt hat und warum er so fit wie Komikerlegende Dieter Hallervorden (85) sein möchte, verrät Bahro im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
Wolfgang Bahro: Ich kann ihn leider nur im kleinen Kreis mit der Familie und ein paar engen Freunden feiern. Ich hätte gerne groß gefeiert und gerne viel mehr Leute eingeladen, als ich jetzt einladen konnte. Aber ich bin sicher, dass es trotz Corona-Hygiene und Abstandsregeln ein schöner Geburtstag wird.
Bahro: Ich freue mich darauf. Man wird ja nur einmal 60. Es eröffnet auch völlig neue Rollenfächer. Dieter Hallervorden spielt jetzt wunderbare ernste und dramatische Rollen. Und vielleicht schaffe ich es ja, in das Komödienfach zu wechseln.
Bahro: Es wird auf TVNow noch einen Film über mich geben, "Keinen haben wir Gerner! - Happy Birthday Wolfgang Bahro". Ich hoffe, dass viele zugucken und auch viele mein Buch lesen. Es wäre schön, wenn das ein Bestseller wird. Und natürlich wünsche ich mir vor allem, dass ich in der Zukunft gesund und munter noch viele aufregende Engagements bekomme. Mein Traum wäre die Hauptrolle in einem Kinofilm.
Bahro: Ich bin sehr zufrieden. Ich bin froh, dass ich den Schritt gewagt habe, zu "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" zu gehen, obwohl ich es damals gar nicht unbedingt wollte. Was meine Karriere angeht, bereue ich nichts. Ich bin auch besonders dankbar, dass Dieter Hallervorden mir vor zwei Jahren die Rolle des Charlie Chaplin angeboten hat, was für mich auch ein Highlight meiner Karriere war. Dieter hat vor einigen Tagen seinen 85. Geburtstag im Schlosspark Theater Berlin mit einer Premiere des Stücks "Gottes Lebenslauf" gefeiert, in dem er Gott spielt. Da habe ich nur gedacht, wenn ich mit 85 Jahren noch so fit bin wie der Dieter, dann kommt noch einiges auf mich zu.
Bahro: Grundsätzlich geht es darin um meine Karriere, in der Jo Gerner aber einen großen Platz einnimmt. Seit 28 Jahren - das ist eine ziemlich lange Zeit - spiele ich bereits diese Rolle. Das Buch handelt von Geschichten der Figur, wie ich zu ihr gekommen bin und was sich dadurch alles ergeben hat. Durch die Rolle habe ich Menschen kennengelernt, die ich so womöglich gar nicht getroffen hätte, wie zum Beispiel die Bundeskanzlerin oder einen Jogi Löw. Es geht aber auch um meine Theaterlaufbahn, wie ich Dieter Hallervorden kennengelernt habe, meine Kabarettzeit sowie meine Kino-Erfahrungen.
Bahro: Am Anfang hat mich das geärgert. Aber ich kann es verstehen. Wenn man Jahre lang eine fiktive Figur spielt, setzt sich das im Kopf fest. In den letzten Jahren hat sich das aber auch sehr gebessert. Immer mehr Menschen sprechen mich auf der Straße mit Bahro an und nicht mit Gerner, das freut mich.
Bahro: Eigentlich alles. Äußerlich trage ich eine andere Frisur als Gerner. Wenn ich nicht muss, trage ich privat auch keine Anzüge. Das einzige, was wir gemeinsam haben, ist unsere Liebe zu Kindern und dass wir beide Familienmenschen sind. Ich versuche Jo Gerner immer ein wenig Humor und Augenzwinkern beizubringen, das gelingt mir manchmal, manchmal aber auch nicht.
Bahro: Dass man sich nicht immer alles gefallen lassen sollte.
Bahro: Wir hatten eine Millenniumsfolge, als das Jahr 2000 ins Haus stand. Darin ging es um eine Figur, ein Mann, der in einem Wohnwagen am Wasser gelebt hat. Es kamen ein paar Musiker vorbei, die nicht nur etwas zum Rauchen dabei hatten, sondern auch ein paar Kekse. Da war natürlich eine bestimmte Substanz drin. Der Mann aß die Kekse, schlief ein und träumte dann von dem Musical "Hair". In seinem Traum spielten alle Figuren mit, die er aus seinem Umfeld kannte, nur mit völlig verdrehten Charakteren. Der Bösewicht Jo Gerner war plötzlich ein Hippie, der in der Fußgängerzone Blumen verteilte und "Make love, not war" rief. Das war eine sehr witzige Geschichte, die viel Spaß gemacht hat.
Bahro: Der Ausstieg von Raúl Richter, der meinen Sohn Dominik gespielt hat, hat mich emotional sehr mitgenommen. Ich habe dabei immer meinen leiblichen Sohn David gesehen. Dabei habe ich mir vorgestellt, wie ich reagieren würde, wenn mein Sohn hirntot ist und ich darüber entscheiden müsste, ob sämtliche Geräte abgeschaltet und Organe entnommen werden. Als Gerner dann im Krankenhaus zusammengebrochen ist, war das sehr emotional für mich.
Bahro: Ja, vor allem dann, wenn die Storys so absurd wurden, dass ich gesagt habe, ehe die Figur kaputt gemacht wird, gehe ich lieber. Gott sei Dank ließ die Produktion dann immer mit sich reden. Ich konnte auch Änderungen und Vorschläge einbringen. Wirklich gehen wollte ich dann auch nicht mehr. Bei "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" sind wir wie eine Familie, man wächst zusammen und freut sich auch immer wieder darauf, drehen zu dürfen.
Bahro: Wir hatten zum Glück nur eine kurze Drehpause. Derzeit wird unter den ganz normalen Hygiene- und Abstandsvorschriften gedreht. Die Drehbücher wurden alle umgeschrieben. Es gibt Berührungen, Küsse und Umarmungen derzeit zum Beispiel über Rückblenden. Es gibt auch keine handgreiflichen Auseinandersetzungen mehr. Ich musste kürzlich einen Stunt machen, wo mich eine Person eigentlich hätte angreifen müssen. Das ging nicht, also musste er mich mit dem Stuhl umschmeißen. Das sah aber, glaube ich, ganz gefährlich aus.
Wir haben jemanden im Studio, der nur darauf achten muss, dass wir alle den Sicherheitsabstand einhalten. Diejenigen, die hinter der Kamera stehen, tragen alle Schutzmasken. Das gilt auch für uns, außer wenn wir in der Maske oder vor der Kamera sind.
Bahro: Es ist anstrengend, da sich die Drehs deswegen auch verzögern. Wir haben uns zwar alle daran gewöhnt, aber es ist in gewisser Weise eine Belastung. Es ist eine Herausforderung, Emotionen nur mit der Mimik spielen zu können, ohne den Körper dabei einzusetzen. Wir hoffen alle, dass wir bald wieder zur Normalität zurückkehren können.