Es handelt sich wahrscheinlich um die berühmtesten (oder besser gesagt berüchtigtsten) Amateuraufnahmen, die je gemacht wurden. Abraham Zapruders schicksalhafte 8-mm-Aufnahmen von der Ermordung von Präsident John F. Kennedy. Das Material, das an diesem Tag im Jahr 1963 aufgenommen wurde, wurde zu einem der grundlegenden visuellen Bilder des 20. Jahrhunderts, aber im heutigen Zeitalter der allgegenwärtigen Smartphone-Aufnahmen und des endlosen Bildaustauschs in den sozialen Medien wird es Sie vielleicht überraschen zu erfahren, dass Zapruders 28 Sekunden Filmmaterial in den Tagen, Jahren und Jahrzehnten nach der Ermordung Kennedys ein eifersüchtig gesuchtes Gut war.
Der Zapruder-Film ist wahrscheinlich das am meisten durchforstete Filmmaterial, das je gedreht wurde, und über seine Entstehung sowie die Analyse der darin enthaltenen Bilder wurden unzählige Worte geschrieben. Mehrere Nachrichtenorganisationen boten noch am Tag der Dreharbeiten um die Rechte an dem Film, und am Morgen des 23. November zahlte die Zeitschrift Life 150.000 Dollar für die Rechte (etwa 1,26 Millionen Dollar im Jahr 2019). Weniger als eine Woche später veröffentlichte Life Bilder aus dem Film in Schwarz-Weiß, wobei Bild 313 - der Moment des tödlichen Kopfschusses - auf Drängen von Zapruder ausgelassen wurde. Die Zeitschrift veröffentlichte später zu verschiedenen Zeitpunkten, 1963, 1964, 1966 und 1967, weiteres Material aus dem Film in Farbe.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren diese fotografischen Standbilder die einzige Möglichkeit für die Öffentlichkeit, den Film in irgendeiner Weise zu "sehen", aber 1970 begann das Filmmaterial im Fernsehen zu erscheinen. Eine dieser Sendungen, die 1975 auf ABC ausgestrahlt wurde, führte zu einem Rechtsstreit zwischen Time Inc. und Zapruders Erben (Zapruder selbst starb 1970). In einem Vergleich zwischen den beiden Parteien verkaufte Time die Rechte an dem Zapruder-Film für die symbolische Gebühr von 1 Dollar an die Familie Zapruder zurück. Das Unternehmen äußerte den Wunsch, den Film der US-Regierung zu schenken, was die Familie Zapruder jedoch ablehnte, bevor sie 1978 schließlich genau das tat und den Originalfilm zur Aufbewahrung an die National Archives übergab. Die Familie behielt weiterhin das Urheberrecht an dem Material und erhielt beispielsweise 85.000 Dollar von Filmemacher Oliver Stone für die Erlaubnis, das Material in seinem Film JFK von 1991 zu verwenden. Doch 1992, nach dem öffentlichen Aufschrei infolge von Stones Film, erklärte der President John F. Kennedy Assassination Records Collection Act die gesamte Dokumentation des Attentats, einschließlich des Zapruder-Films, zum offiziellen Eigentum der Regierung der Vereinigten Staaten im Namen der historischen Bewahrung. Als die Familie Zapruder 1993 oder 1994 versuchte, den Film zurückzubekommen, lehnte die Regierung dies ab.
Schließlich wurde der Film der Familie Zapruder im Rahmen eines Enteignungsverfahrens abgekauft, und nach Verhandlungen zwischen der Regierung und der Familie Zapruder wurde schließlich ein Wert von 16 Millionen Dollar festgelegt.
Selbst dann hatte die Zapruder-Familie noch das Urheberrecht an dem Filmmaterial, das dank Stones Film von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt gesehen wurde. Und im Dezember 1999 schenkten die Zapruder-Erben dieses Urheberrecht nicht der US-Regierung, sondern dem Sixth Floor Museum in Dallas, das dem JFK-Attentat gewidmet ist. Jetzt kontrolliert das Museum alle kommerziellen Rechte an dem Material, auch wenn der Originalfilm in den Nationalarchiven verbleibt.
