Nach der Festnahme der belarussischen Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa gibt es widersprüchliche Angaben aus Kiew und Minsk: Nach Angaben des belarussischen Grenzschutzes soll die 38-Jährige in der Nacht zu Dienstag versucht haben, die Grenze zur Ukraine zu überqueren. Sie sei dabei festgenommen worden. Kiew widersprach: Kolesnikowa habe sich einer Abschiebung widersetzt; ukrainischen Medienberichten zufolge soll sie ihren Pass zerrissen haben. Wo sich Kolesnikowa aufhält, ist weiter unklar.
Kolesnikowa war am Montag verschwunden. Nach Angaben des Koordinierungsrates der belarussischen Opposition wurde sie zusammen mit einem Sprecher und einem Mitarbeiter "von Unbekannten im Zentrum von Minsk entführt". Die belarussischen Behörden äußerten sich zunächst nicht. Ihr Verschwinden löste daher international Besorgnis aus.
"Kolesnikowa ist derzeit in Gewahrsam", sagte am Dienstag dann ein Sprecher des Grenzschutzes. In der Nacht zu Dienstag habe sie gegen 4.00 Uhr morgens (3.00 Uhr MESZ) versucht, die Grenze zu überqueren. Zwei weiteren Mitgliedern des oppositionellen Koordinierungsrates, die Kolesnikowa begleiteten, sei der Grenzübertritt gelungen.
Kiew bestätigte die Einreise der beiden Begleiter von Kolesnikowa, widersprach jedoch der Darstellung aus Minsk. "Das war keine freiwillige Ausreise, es war eine erzwungene Abschiebung aus ihrem Heimatland", teilte der ukrainische Vize-Innenminister Anton Geraschtschenko im Online-Dienst Facebook mit. Kolesnikowa habe "gehandelt", um ihre Abschiebung zu verhindern. Nach Berichten der ukrainischen Nachrichtenagentur Interfax soll sie ihren Pass zerrissen haben.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatten am Montag von den belarussischen Behörden Aufklärung über den Aufenthaltsort der Oppositionellen sowie ihre Freilassung gefordert.
Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 9. August demonstrieren die Menschen in Belarus gegen den seit 26 Jahren autoritär regierenden Lukaschenko. Sie werfen der Regierung massiven Betrug bei der Wahl vor, die Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Dabei lassen sie sich auch von der Gewalt der Sicherheitskräfte nicht abschrecken.
by Sergei GAPON