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WHO reagiert zurückhaltend auf Zulassung von Corona-Impfstoff in Russland

Bundesregierung kritisiert Vorgehen russischer Behörden

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zurückhaltend auf die weltweit erste Zulassung eines Corona-Impfstoffs in Russland reagiert. Die WHO stehe in engem Kontakt mit den russischen Gesundheitsbehörden und diskutiere mit ihnen über die Kriterien für den Impfstoff, sagte der Sprecher der UN-Unterorganisation, Tarik Jasarevic, am Dienstag in einem Online-Pressebriefing. Zu den "Präqualifikationen" eines jeden Serums gehöre, dass all die Daten zu seiner Sicherheit und Wirksamkeit "rigoros" zu überprüfen seien.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuvor am Dienstag verkündet, dass sein Land als erstes der Welt einen wirksamen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus entwickelt habe. Die Impfung wurde nach seinen Angaben bereits zugelassen. "Ich weiß, dass sie wirksam ist, dass sie dauerhafte Immunität gibt", sagte Putin.

Die russische Bevölkerung soll bereits ab Januar mit dem neuen Stoff geimpft werden, wie russische Agenturen unter Berufung auf das Arzneimittelregister des Gesundheitsministeriums berichteten.

Russland hatte schon Anfang August angekündigt, ab September mit der Massenproduktion eines Impfstoffes zu starten. Ausländische Experten hatten bereits zuvor ihre Besorgnis über die Geschwindigkeit bekundet, mit der das Land einen eigenen Impfstoff entwickelt.

Die WHO forderte Russland seinerzeit auf, sich bei der Herstellung eines Corona-Impfstoffes an die festgelegten Richtlinien für die Produktion sicherer und wirksamer Medikamente zu halten. Es bestehe ein Unterschied, ob tatsächlich ein funktionierender Impfstoff gefunden wurde, der alle vorgeschriebenen Testphasen durchlaufen habe, oder ob nur die Vermutung da sei, einen solchen Impfstoff gefunden zu haben, sagte ein WHO-Sprecher schon damals.

Die Bundesregierung kritisierte nun das Vorgehen der russischen Behörden bei der Zulassung des Impfstoffs. In Europa setze die Impfstoffzulassung "hinreichende Erkenntnisse aus klinischen Prüfungen zum Beleg von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit voraus", sagte eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Mittwochsausgaben). Dabei sei die dritte und letzte klinische Testphase "von besonderer Bedeutung". Russland hatte das Virus vor dieser Phase zugelassen.

"Es muss ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs nachgewiesen werden, bevor er in der Breite angewendet werden kann", betonte die Sprecherin des Gesundheitsministeriums. In der EU gelte, dass der Patientensicherheit "höchste Priorität" zukomme.

Das Ministerium führt den Angaben zufolge derzeit keine Gespräche mit russischen Stellen zu dem Impfstoff. Deshalb lägen keine Informationen über Zulassungsanforderungen in Russland, den Ablauf eines solchen Verfahrens und rechtliche Rahmenbedingungen vor, sagte die Sprecherin.

Derzeit arbeiten weltweit Labore fieberhaft an der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes. Insgesamt sechs von westlichen Firmen und von China entwickelte Impfstoffe befinden sich bereits in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests. Am Dienstag starteten in Indonesien Tests mit dem Impfstoff CoronaVac des chinesischen Unternehmens Sinovac Biotech. Er wird bereits in Brasilien an 9000 Ärzten, Pflegern und Krankenschwestern getestet.

by Handout