Nur wenige Stunden vor dem Austritt Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt sind letzte Stolpersteine aus dem Weg geräumt worden: Die Regierungen in London und Madrid einigten sich am Donnerstag über die künftigen Regeln für Gibraltar. Für die britische Exklave sollen künftig die Bestimmungen des Schengen-Abkommens gelten. Indessen veröffentlichte die EU das Handelsabkommen mit Großbritannien im Amtsblatt, womit dem fristgemäßen Inkrafttreten in der Nacht zum Freitag nichts mehr im Wege stand.
Der britische Premierminister Boris Johnson begrüßte die erzielte Einigung für Gibraltar "von ganzem Herzen". "Das Vereinigte Königreich hat sich immer für den Schutz der Interessen von Gibraltar und seiner britischen Souveränität eingesetzt und wird dies auch weiterhin tun", schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Die Regeln für den Grenzverkehr für die britische Exklave Gibraltar im Süden Spaniens waren bis zuletzt umstritten. Indem nun die Regeln des Schengen-Raums gelten sollen, sind Grenzübertritte ohne Passkontrolle weiterhin möglich.
Ohne die Einigung wäre die Grenze zwischen Gibraltar und Spanien ab Freitag zu einer "harten Grenze" zwischen Großbritannien und der EU geworden. Dies hätte "nachteilige wirtschaftliche, soziale und politische Folgen" gehabt, wie die Bürgermeister der acht an Gibraltar angrenzenden spanischen Städte vor der Einigung gewarnt hatten.
Indessen veröffentlichte die EU das vor einer Woche mit Großbritannien vereinbarte Handelsabkommen in ihrem Amtsblatt. Das Abkommen kann damit wie geplant vorläufig in Kraft treten: Um Punkt Mitternacht endet die Post-Brexit-Übergangsperiode.
Ohne den Deal hätten ab Freitag Lieferprobleme und lange Staus an den Grenzen gedroht. Für einen regulären Ratifizierungsprozess reichte die Zeit bis zum Jahresende aber nicht mehr aus. Daher sollen die vereinbarten Regeln nun zunächst mindestens bis zum 28. Februar übergangsweise angewandt werden.
Bei den Brexit-Hardlinern im Königreich stieg unmittelbar vor dem Austritt die Vorfreude; in als Brexit-Unterstützer geltenden Medien wurde am Donnerstag gejubelt: Die "Daily Mail" sagte einen "Neubeginn" für das Königreich voraus, der "Daily Express" erwartete die "tollste Stunde" in der Geschichte des Landes.
Der Glockenschlag von Big Ben in London um 23.00 Uhr (24.00 Uhr MEZ) werde ein neues Kapitel aufschlagen, fassten beide Zeitungen die Hoffnung der Brexit-Anhänger zusammen. Allerdings werden der Brexit und sein endgültiger Vollzug auch im Handel von vielen Briten inzwischen äußerst kritisch gesehen.
by Ben FATHERS