In Europa werden die Corona-Maßnahmen erneut verschärft: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte nach einem neuen Höchststand von fast 19.000 Neuinfektionen "weitere Einschränkungen" an. Italien und Polen führen eine landesweite Maskenpflicht im Freien ein, in Brüssel sind seit Donnerstag alle Cafés und Bars geschlossen. In Madrid dagegen verweigerte ein Gericht sein grünes Licht für die Ausgangsbeschränkungen für die Hauptstadtregion.
In Frankreich drohen verschärfte Corona-Maßnahmen nach den Worten von Präsident Macron vor allem in Gebieten, in denen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus "zu schnell voranschreitet". Dies könnte Großstädte wie Lyon, Lille, Grenoble und Toulouse treffen. Gesundheitsminister Olivier Véran wollte sich am Donnerstagabend äußern.
Die Pariser Gesundheitsbehörde warnte die Krankenhäuser vor einer "sehr großen Welle" von Corona-Patienten und rief zur Mobilisierung aller Kräfte auf. Derzeit sind nach ihren Angaben bereits 40 Prozent der Intensivbetten in der französischen Hauptstadt belegt, in zwei Wochen dürften es demnach bereits 50 Prozent sein. Seit Dienstag gilt in Paris die höchste Corona-Warnstufe, unter anderem mussten alle Bars und Cafés schließen.
Auch in Brüssel hieß es "letzte Runde": In der belgischen Hauptstadt als Sitz der EU-Institutionen machten vorerst für einen Monat alle Bars und Cafés zu. Wie in Frankreich können Restaurants unter strengeren Auflagen vorerst offen bleiben. Zuvor hatte auch Schottland die Schließung von Pubs in den größten Städten Glasgow und Edinburgh angeordnet.
Italien führte wegen des Anstiegs der Neuinfektionen eine landesweite Maskenpflicht im Freien ein. Wer beim Verlassen seiner Wohnung keine Maske trage, riskiere eine Geldstrafe von bis zu eintausend Euro, sagte Regierungschef Giuseppe Conte. Auch Polen kündigte eine landesweite Maskenpflicht im öffentlichen Raum ab Samstag an. "Die zweite Welle ist da", sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki.
Wie Polen und Frankreich verzeichnete auch Österreich einen neuen Höchststand bei den Neuansteckungen mit über 1200 Fällen binnen 24 Stunden. Laut einer Umfrage des Instituts Gallup glaubt nur noch gut jeder Zweite, dass die Regierung die Lage im Griff hat.
In Madrid wies ein Gericht den zuvor von der spanischen Zentralregierung angeordneten Teil-Lockdown für den Großraum Madrid zurück. Madrids höchstes Regionalgericht begründete dies mit der unzulässigen Beschränkung der "Rechte und fundamentalen Freiheiten" der betroffenen 4,5 Millionen Einwohner. Die Zentralregierung sei zu derartigen Maßnahmen nicht befugt, dies liege in der Entscheidungsgewalt der Regionalregierungen.
Seit Samstag dürfen die Bewohner der spanischen Hauptstadt und neun nahegelegenen Gemeinden ihre Stadt nur noch zum Arbeiten, für die Schule oder aus medizinischen Gründen verlassen. Die linksgerichtete Zentralregierung begründete die drastischen Maßnahmen unter anderem mit dem massiven Anstieg der Neuansteckungen, die konservative Regionalregierung zog daraufhin vor Gericht. Ohne das grüne Licht der Justiz kann die Polizei Verstöße gegen die Beschränkungen nun nicht ahnden.
Der sogenannte Inzidenzwert ist in Madrid mit wöchentlich mehr als 700 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohnern mit Abstand der höchste in der EU. In Berlin lag er zuletzt bei knapp 50, was in der EU als Warnwert gilt.
Die EU-Kommission reservierte 500.000 weitere Dosen des Corona-Mittels Remdesivir bei dem US-Pharmahersteller Gilead. Die 27 EU-Staaten und andere Länder können das Mittel nun in Brüssel beantragen. Das Medikament soll zur beschleunigten Genesung bei schweren Corona-Verläufen eingesetzt werden. Auch US-Präsident Donald Trump wurde damit behandelt.
by Kenzo TRIBOUILLARD