Nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die beliebte Videoplattform Tiktok in den USA zu verbieten, ist die Zukunft der App weiter ungewiss. US-Finanzminister Steven Mnuchin brachte am Sonntag einen erzwungenen Verkauf des Onlinedienst durch den chinesischen Bytedance-Konzern ins Spiel. Trump hatte angekündigt, das Verbot schnellst möglich per Dekret durchzusetzen oder ihm zustehenden Wirtschafts-Sonderrechte zu nutzen.
Nach der Ankündigung am Freitag war allerdings unklar geblieben, wie ein solches Verbot durchgesetzt werden könnte. Tiktok erklärte daraufhin am Samstag, dass es nicht mit einem Abschied aus den USA plane. "Alle sind sich einig, dass (die App) nicht so weiter existieren kann wie bisher", sagte Mnuchin nun dem Fernsehsender ABC.
Er habe mit führenden Kongressabgeordneten gesprochen, darunter auch die Vorsitzende des Unterhauses Nancy Pelosi von den oppositionellen Demokraten und deren Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer. "Wir sind uns einig, dass sich etwas ändern muss - einen Verkauf erzwingen oder die App blocken", sagte der Finanzminister.
US-Behörden hatten wiederholt Bedenken geäußert, dass das weltweit von fast einer Milliarde Menschen genutzte Netzwerk Nutzerdaten an die chinesische Regierung weitergibt. Unter anderem das Committee on Foreign Investment (CFIUS), das Geschäfte untersucht, die die nationale Sicherheit der USA betreffen, äußerte derartige Sorgen. Tiktok wies bislang alle Vorwürfe über die Weitergabe von Nutzerdaten zurück.
"Wir haben nicht vor, irgendwo hinzugehen", erklärte die Tiktok-Geschäftsführerin für die USA, Vanessa Pappas, in einer auf der App veröffentlichten Nachricht. Das Unternehmen arbeite daran, den Nutzern "die sicherste App" zu bieten. Am Freitag erklärte die Betreiberfirma Bytedance: "Wir sind überzeugt vom langfristigen Erfolg von Tiktok."
Einem Bericht der "New York Times" am Samstag zufolge hatte Bytedance angeboten, das US-Geschäft von Tiktok zu verkaufen, um Trumps Verbot abzuwenden. Doch Gespräche über eine entsprechende Einigung mit Microsoft seien nach Trumps Ankündigung unterbrochen worden, berichtete das "Wall Street Journal". Nach Angaben der Zeitung hätten die Verhandlungen zwischen Microsoft und Tiktok bereits am Montag abgeschlossen werden können.
Trump soll sich als Opfer von Tiktok-Nutzern fühlen, die laut Medienberichten seine groß angekündigte Wahlkampfveranstaltung in Tulsa boykottiert haben. Zu Tausenden sollen vor allem Jugendliche sich für die Veranstaltung registriert haben und dann bewusst nicht hingegangen sein, um für leere Ränge zu sorgen. Entsprechende Aufrufe waren auch auf Tiktok geteilt worden. Trumps Wahlkampfteam hatte angegeben, eine Million Ticketanfragen erhalten zu haben; am Ende kamen gerade einmal 6200 Menschen.
Auch in anderen Ländern gibt es Datenschutz-Bedenken und Zensur-Vorwürfe gegen Tiktok. Die Bundesregierung hat angekündigt, dem nachzugehen. In Indien ist der Dienst bereits "zum Schutz der Sicherheit und der Souveränität des Cyberspace" des Landes verboten.
Tiktok ist vor allem bei jungen Menschen beliebt und hat weltweit fast eine Milliarde Nutzer. Die Videoplattform entstand 2017 durch die Zusammenlegung mit der Mitsing-App Musical.ly, die mit einer Lippensynchronisierungsfunktion für selbstgedrehte Videos erfolgreich wurde.
by Lionel BONAVENTURE, JIM WATSON