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Walter Matthau: Der ewige Kino-Kauz wäre 100 Jahre alt geworden

Oscar-Gewinner und Knautschgesicht

Selten bestimmte das Gesicht eines Schauspielers so prägend dessen Karriere, wie es bei Walter Matthau der Fall gewesen ist. Den Mimen, der am 1. Oktober genau 100 Jahre alt geworden wäre, zierte schon in jungen Jahren ein gottgegebener, mürrischer Blick, bekräftigt durch eine unverkennbare und im Alter unaufhörlich nach unten gewanderte Wangenpartie. Und so hatte der Charakterschauspieler schnell die Rolle des zynischen, kauzigen Misanthropen weg, unter dessen knautschiger Hülle zumeist doch ein liebenswerter Kern wartete.

Von der Putzkraft zum Hollywood-Star

Matthaus Aufstieg zum beliebten wie gefeierten Kino-Darsteller kann durchaus mit dem typischen Amerikanischen Traum verglichen werden. Statt vom Tellerwäscher wurde der Sohn litauisch-jüdischer Immigranten vom Bodenschrubber zum Millionär. Jedoch nicht, ehe er 1942 als Soldat in den Zweiten Weltkrieg eingezogen wurde. Zwar scherzte Matthau über seine Zeit an der Front immer gerne, dass er dort als "Tischtennismeister der Streitkräfte" gedient habe. Dass er im Krieg mehrfach verwundet wurde, das ließ er in solchen Erzählungen lieber aus.

Überhaupt gehen Tragik und Humor im Werdegang von Walter Matthau stets Hand in Hand. Statt offen über die große Armut zu reden, in der seine Mutter, sein älterer Bruder und er selbst leben mussten (der Vater hatte die Familie früh verlassen), verlieh er dem Drama lieber eine humoristische Note, in dem er sich als "ukrainischer Cary Grant" bezeichnete.

Der Mann aus der zweiten Reihe

1955 ergatterte Matthau schließlich seine ersten Kinorollen: Im Western "Zwischen zwei Feuern" mit Kirk Douglas (1916-2020) und in "Der Mann aus Kentucky" mit Burt Lancaster (1913-1994) in den jeweiligen Hauptrollen. Hier zeichnete sich ab, was Matthau lange begleiten sollte. Für die Rolle als Sidekick, als Nebenfigur war er den Filmproduzenten ausgesprochen recht, für die Titelrolle taugte das "Knautschgesicht" in deren Augen aber nicht. Also spielte er sich in der Folgezeit so gut es ging von der zweiten Reihe aus ins Rampenlicht. Seinen Ruf als "Szenenstehler" sollte er mit 46 Jahren schließlich veredeln können.

1966 entpuppte sich in vielerlei Hinsicht als Matthaus Schicksalsjahr. In der Tragikomödie "Der Glückspilz" machte er erstmals Bekanntschaft mit einem gewissen Jack Lemmon (1925-2001) - und mit einem Goldjungen. Für den Part als Rechtsanwalt wurde er als "Bester Nebendarsteller" mit einem Oscar ausgezeichnet, in Person von Lemmon fand er einen lebenslangen Freund und in insgesamt zehn Streifen einen kongenialen Partner.

Besagtes Leben hing im selben Jahr aber auch am seidenen Faden. Während Matthaus Karriere ins Laufen kam, forderten jahrelanger Zigarettenkonsum gepaart mit teils hemmungsloser Spielsucht und wenig Bewegung ihren Tribut. Mit Mitte 40 erlitt er einen Herzinfarkt, der einen geläuterten Mann zurückließ. Matthau hörte mit dem Rauchen auf und ging jeden Tag mehrere Kilometer spazieren.

Kampf gegen die Bestimmung

Auch beruflich wollte sich Matthau neu aufstellen. Nach diversen Komödien, darunter Kultfilm "Ein seltsames Paar" - natürlich mit Jack Lemmon - strebte er ein ernsteres Fach an. Vor allem in den 1970er-Jahren sollte ihm das gelingen. Krimis wie "Massenmord in San Francisco" (1973) oder der Triller "Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123" zierte sein Name auf dem Plakat.

Doch so ganz wollte ihm sein Ruf des liebenswerten Kauzes nie abhandenkommen. Und je älter Matthau wurde, desto eher schien er sich damit anfreunden zu können. Als Paradebeispiel gilt etwa "Dennis" aus dem Jahr 1993, in dem er den bemitleidenswerten wie verbohrten Nachbarn des nervtötenden Titelkindes spielte. Und auch der anderen großen Konstanten in seinem Berufsleben blieb er bis zum Ende (und das darf wörtlich genommen werden) treu: 1998, zwei Jahre vor Matthaus Tod am 1. Juli 2000, spielte er mit Jack Lemmon noch einmal als "Immer noch ein seltsames Paar" groß auf.

Als Matthau dann nach einem weiteren Herzinfarkt mit 78 Jahren verstarb, folgte ihm ein Jahr später Lemmon - und wurde neben seinem Freund auf dem Westwood Village Memorial Park Friedhof beerdigt.

Seit privates Glück fand Matthau früh und doppelt. Von 1948 bis 1958 war er mit Geraldine Johnson verheiratet (ein gemeinsames Kind), nur ein Jahr nach der Scheidung wurde Schauspielerin Carol Grace (1924-2003) die Frau an seiner Seite (zwei gemeinsame Kinder). Und sie blieb es 42 Jahre lang. Bis sein Tod sie schied.