Trotz anhaltend schlechter Umfragewerte glaubt die SPD-Spitze weiterhin an ein deutlich größeres Wählerpotenzial für ihre Partei. Etwa 30 Prozent fühlten sich der SPD verbunden, sagte Parteichef Norbert Walter-Borjans am Wochenende in einem Interview. "Diese 30 Prozent will ich überzeugen, uns ihre Stimmen zu geben - und vielleicht noch ein paar mehr." Kanzlerkandidat Olaf Scholz sprach von "deutlich über 20 Prozent" als Ziel für die Bundestagswahl.
Walter-Borjans räumte in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Samstag ein, dass es sich bei den 30 Prozent um ein langfristiges Ziel handele. "Kurzfristig müssen wir mehrheitsfähig werden. Das ist das Ziel für die nächste Bundestagswahl."
Nach ihrem Sieg im Mitgliedervotum zum SPD-Vorsitz im Herbst 2019 hatten Walter-Borjans und seine Ko-Kandidatin Saskia Esken Zustimmungswerte für die SPD von mindestens 30 Prozent in Aussicht gestellt. Esken sagte der SPD-Zeitung "Vorwärts" auf die Frage nach ihren Zielen bis Ende 2020: "Zustimmungswerte für die SPD von 30 Prozent und vielleicht mehr."
"Ich gebe zu, dass der Weg weiter ist, als ich gedacht habe", sagte nun Walter-Borjans dazu. "Die Marke SPD hat in der Vergangenheit schwer gelitten, es braucht Zeit, verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen."
Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Scholz erinnerte im Gespräch mit der "Welt am Sonntag" an seine Ankündigung, dass die SPD bei der Bundestagswahl "deutlich über 20 Prozent" erreichen wolle. "Mit einem solchen Ergebnis führen sozialdemokratische Parteien in einigen skandinavischen Ländern die Regierung, das wollen wir auch schaffen", fügte er hinzu. "Ich will Kanzler werden."
In einer Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Kantar für die "Bild am Sonntag" kam die SPD als drittstärkste Kraft auf 16 Prozent. CDU und CSU lagen bei 36 Prozent, die Grünen bei 18 Prozent. Die AfD erreichte in der Erhebung elf Prozent, die Linke acht und die FDP sechs Prozent.
Ähnlich sah es für die Sozialdemokraten in einer am Samstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsunternehmen Forsa für die Sender RTL und n-tv aus: Hier kam die Partei auf 15 Prozent. CDU und CSU erreichten 35 Prozent, die Grünen 21 Prozent. Die AfD lag in der Erhebung bei neun Prozent, für die Linken waren es acht und bei der FDP sechs Prozent.
by Tobias SCHWARZ