Außer Kontrolle geratene Waldbrände haben auf der griechischen Urlauberinsel Rhodos zu beispiellosen Massenevakuierungen geführt: Nach Angaben der Polizei wurden 19.000 Menschen, darunter viele Touristen, seit Samstag mit Bussen oder Schiffen in Sicherheit gebracht. Tausende weitere flüchteten auf eigene Faust. Nach Einschätzung der Behörden könnte es noch Tage dauern, bis die Brände unter Kontrolle sind.
Polizeisprecherin Konstantia Dimoglidou sprach am Sonntag von der "größten Brand-Evakuierung", die es je in Griechenland gegeben habe. "Wir mussten ein Gebiet mit 30.000 Menschen evakuieren".
Am Sonntag brannte das Feuer an drei aktiven Fronten. Anhaltende Hitze und starke Winde erschwerten die Löscharbeiten zusätzlich. Die Feuerwehr versuchte vor allem zu verhindern, dass sich die Flammen weiter nach Norden in den dichten Wald ausbreiten.
Ein großer Teil der Insel war zudem ohne Strom, da der öffentliche Energieversorger PPC aus Sicherheitsgründen das örtliche Kraftwerk im Süden abschaltete.
Rhodos ist eines der beliebtesten Touristenziele Griechenlands, auch viele Deutsche reisen auf die Insel. Laut dem Auswärtigen Amt befindet sich ein Team der deutschen Botschaft in Athen und der deutsche Honorarkonsul vor Ort, um "betroffene deutsche Staatsangehörige bei Bedarf konsularisch zu unterstützen".
Der deutsche Reisekonzern TUI will bis kommenden Dienstag keine Urlauber mehr auf die Insel bringen. Zwar seien noch einige Flüge geplant - sie sollten aber nur noch Urlauber von Rhodos zurückfliegen, sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP.
Der TUI-Konzern habe derzeit rund 40.000 Gäste auf Rhodos, sagte die Sprecherin. "Darunter sind 7800, die vom Feuer betroffen wurden und in Unterkünfte beziehungsweise Hotels evakuiert wurden." Der britische Billigflieger Jet2 sagte ebenfalls alle Flüge auf die Insel ab.
Das griechische Außenministerium und mehrere Botschaften richteten am Flughafen von Rhodos ein Zentrum ein, um Touristen und Touristinnen zu helfen, die in der Eile ihre Ausweise vergessen oder verloren haben.
Der Brand auf Rhodos war am Dienstag ausgebrochen. Am Samstag trieben die Flammen dann plötzlich auf mehrere Dörfer zu, die Behörden gaben Evakuierungsalarm. Urlauber und auch Einheimische wurden für die Nacht in Turnhallen, Schulgebäuden und Hotel-Konferenzzentren untergebracht.
"Wir wurden im letzten Moment vor dem Feuer gerettet", erzählte der 23-jährige Bielefelder Paul, der mit seiner Partnerin Urlaub auf Rhodos machte. Als sie vom Strand in ihr verlassenes Hotel zurückkehrten, sei ihnen die "glühende Asche" bereits um die Köpfe geflogen, "und es war keine Hilfe in Sicht". "Es war so heiß und der Rauch schon so dicht, dass wir keine weiteren zehn Minuten hätten überleben können."
Schließlich seien Busse gekommen, um sie in Sicherheit zu bringen. Doch einige Gäste seien so in Panik geraten, dass sie am Strand nach Booten gesucht hätten, um auf eigene Faust zu flüchten.
Der Brand habe "das Herz von Rhodos und seine Umwelt getroffen", sagte der Naturkatastrophen-Experte Efthymios Lekkas am Sonntag dem Fernsehsender ERT. Er warnte vor schwerwiegenden Auswirkungen für die Tourismusbranche der Insel.
"Ich bin gerade von Lindos nach Gennadi gefahren", sagte er. "Alle großen Hotels haben geschlossen. Ich glaube nicht, dass sie dieses Jahr nochmal öffnen werden, denn die Umgebung ist zerstört und lädt nicht gerade zum Urlauben ein".
Unterdessen brach auf der zweitgrößten Insel Euböa ein weiterer Waldbrand aus. Nach Angaben der Feuerwehr waren jedoch keine Gebäude von den Flammen bedroht.
Wegen der Brände im ganzen Land sagte die griechische Präsidentschaft für Montag alle Feiern zum Gedenken an die Wiederherstellung der Demokratie ab.
ans/lan