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Wahlkampfarbeit im strömenden Regen

Merkel wirbt unter denkbar schlechten Bedingungen in Stralsund für Laschet

Die Voraussetzungen für diese Wahlkampfveranstaltung waren nicht die besten: Bei strömendem Regen, begleitet von Pfiffen und Buhrufen und unter dem Druck schwacher Umfragewerte sind Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) am Dienstagabend in Stralsund aufgetreten. Beide warnten vor Rot-Grün-Rot und warben für eine Unions-geführte Bundesregierung als Garantin für eine starke Wirtschaft und innere Sicherheit.

Bei der Bundestagswahl am Sonntag gehe es darum, dass Deutschland "Anschluss an die Besten der Welt" halte, sagte Merkel. "Gute Arbeit" und "gute Bezahlung" gebe es zukünftig nur, "wenn wir zu den Besten auf der Welt gehören."

Laschet kämpfe als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen um jeden Arbeitsplatz - das würde er auch als Bundeskanzler tun, zeigte sich Merkel überzeugt. Außerdem stehe er für "die beste Ausstattung" von Sicherheitsbehörden, Polizei und Bundeswehr.

Die Kanzlerin warnte vor einer Koalition aus SPD, Grünen und Linken nach der Wahl. Es sei nötig, nach der hohen Neuverschuldung während der Corona-Pandemie "zu soliden Finanzen" zurückzukehren. "Ich glaube nicht, dass eine rot-rot-grüne Regierung das tut", sagte Merkel. Zudem kritisierte sie "Misstrauen" gegenüber Sicherheitsbehörden und Polizeikräften, ohne dies einer bestimmten Partei zuzuschreiben.

Merkel bat die Anwesenden, "dass Sie alles dazu beitragen, Deutschlands Wohlstand auch für die nächsten Jahre zu sichern" und die Sicherheit des Landes zu festigen. Laschet sei "derjenige, er das kann".

Der Kandidat selbst sagte ebenfalls, in der jetzigen Situation dürften Unternehmen nicht durch höhere Steuern belastet werden. "Die sollen investieren und Arbeitsplätze schaffen." Zugleich müsse Deutschland "klimaneutrales Industrieland" werden. Allerdings dürften die CO2-Grenzwerte nicht zu streng sein, sonst könnten ganze Industriezweige, etwa die Stahlproduktion, nach China abwandern.

Die Veranstaltung hatte mit knapp einer halben Stunde Verspätung begonnen; viele Zuschauerinnen und Zuschauer harrten unter Regenschirmen aus. Unter ihnen waren offensichtlich auch viele Gegner von Laschet und Merkel, zu deren Wahlkreis Stralsund gehört. Kaum wurde der Auftritt der Kanzlerin angekündigt, erklangen Buhrufe und ein Pfeifkonzert.

Bis Merkel tatsächlich die Bühne betrat, dauerte es noch etwas - und die Organisatoren der Veranstaltung drehten zur Überbrückung die Musik auf. Aus den Lautsprechern ertönte "I Gotta Feeling" von der Band Black Eyed Peas - Textzeile: "I got a feeling / That tonight's gonna be a good night", auf deutsch etwa: "Ich habe das Gefühl, dass heute Nacht eine gute Nacht wird".

Merkel nahm zumindest das schlechte Wetter mit Humor. "Wenn du Bundeskanzler bist, musst du unbedingt bei Sonnenschein und Tageslicht wieder herkommen", sagte sie an Laschet gewandt.

Der wiederum griff die Buh-Rufer direkt an und richtete eine Ermahnung an alle, "die dahinten pfeifen und schreien": Wer glaube, es gebe keine Pandemie, der solle mal auf die Intensivstationen gehen, empfahl der CDU-Chef.

Angriffslustig zeigte er sich auch gegenüber der politischen Konkurrenz. Es sei wichtig, eine Bundesregierung zu haben, "die innere und äußere Sicherheit garantiert", sagte Laschet weiter. Das sei "mit Rot-Rot-Grün nicht möglich". Auch wolle er keine "rot-grüne Verbotspolitik".

Laschet lobte zugleich die Verdienste Merkels um ihren Wahlkreis und um ganz Deutschland. "Wir tun jetzt alles, dieses Werk fortzusetzen in den nächsten Jahren", versprach er.

by John MACDOUGALL