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Wagner-Chef: "Die Streitkräfte der Ukraine drängen die russische Armee zurück"

Die ukrainische Armee hat durch ihre Gegenoffensive nach Angaben des Chefs der russischen Söldnergruppe Wagner die Truppen Moskaus in einigen Regionen zum Rückzug gezwungen. Die russische Armee ziehe sich an den Fronten von Saporischschja und Cherson zurück, sagte Jewgeni Prigoschin am Freitag - und widersprach damit offen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der immer wieder vom Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive gesprochen hatte.

"Die Streitkräfte der Ukraine drängen die russische Armee zurück", sagte Prigoschin in Online-Netzwerken. "Auf dem Schlachtfeld (...) zieht sich die russische Armee an den Fronten von Saporischschja und Cherson zurück." Mit drastischen Worten erhob der 62-jährige Geschäftsmann mit ehemals guten Kreml-Verbindungen harte Vorwürfe gegen die russische Militärführung: "Wir waschen uns in Blut. Niemand bringt Verstärkung. Was sie uns erzählen, ist eine bittere Täuschung."

Die zu einem beträchtlichen Teil aus russischen Gefängnissen rekrutierten Wagner-Söldner spielen bei den russischen Kämpfen in der Ukraine eine zentrale Rolle. Ganz besonders prominent traten sie bei der langwierigen und blutigen Einnahme von Bachmut in der Region Donetsk auf. 

In den vergangenen Monaten hat sich Söldner-Chef Prigoschin - frustriert über Nachschubprobleme und mangelnde Unterstützung durch Moskau - allerdings zu einem der vehementesten Kritiker der militärischen Führung Russlands entwickelt. Am Freitag unterlief er nun sogar Putins Begründung für die Offensive im Nachbarland: "Weshalb hat die militärische Spezialoperation angefangen?", fragte Prigoschin und antwortete sich selbst: "Der Krieg wurde für die Selbstdarstellung eines Haufen Bastarde gebraucht." 

Derweil setzte Russland seine Luftangriffe auf ukrainische Ziele fort. Laut der ukrainischen Luftwaffe konnten bei nächtlichen Angriffen Russlands auf einen Militärflughafen in der Westukraine 13 Marschflugkörper abgefangen werden. Das Verteidigungsministerium in Moskau meldete dagegen, bei dem Angriff auf ein ukrainisches Waffendepot seien "alle Ziele getroffen" worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Nach Warnungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor einem möglichen russischen "Terrorangriff" auf das besetzte Atomkraftwerk Saporischschja rief das Gesundheitsministerium die Bevölkerung dazu auf, nicht in Panik zu verfallen. Es warnte vor allem vor einer unkontrollierten Einnahme von Jodtabletten zum Schutz vor atomarer Strahlung.

"Präsident Selenskyj hat nichts Neues gesagt, Russland ist ein terroristisches Land, von dem (...) alle zu erwarten ist", teilte das Ministerium mit. Selenskyj hatte am Donnerstag erklärt, es gäbe Pläne für einen "Terrorangriff" auf das Akw. Die Angst vor einer nuklearen Katastrophe in Saporischschja flammt seit Beginn des Krieges immer wieder auf.

Der Krieg in der Ukraine war auch eines der Themen beim Staatsbesuch des indischen Premierministers Naredra Modi bei US-Präsident Joe Biden in Washington. Beide drängten auf die Integrität der Ukraine und betonten, bei dem russischen Angriffskrieg müssten "internationales Recht, die Prinzipien der UN-Charta und territoriale Integrität und Souveränität" respektiert werden. Modi, der sich in dem Konflikt bislang nicht klar positionierte, beteuerte zudem, er wolle sich für einen "Frieden" in der Ukraine einsetzen.

lt/jes