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Von der Leyen sieht geringe Erfolgschancen der Post-Brexit-Gespräche

EU-Kommissionschefin: "No Deal" wahrscheinlicher als rechtzeitiges Abkommen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nicht mehr viel Hoffnung auf einen Erfolg der Verhandlungen mit Großbritannien. Sie habe "niedrige Erwartungen", dass ein Handelsabkommen noch rechtzeitig abgeschlossen und in Kraft treten werde, sagte von der Leyen am Freitag laut übereinstimmenden Angaben aus EU-Kreisen beim EU-Gipfel in Brüssel. Die Verhandlungen sollen bis Sonntag weitergehen, um auszuloten, ob ein Abkommen doch noch machbar ist.

Sie wolle nicht riskieren, Prozentangaben dazu zu machen, für wie wahrscheinlich sie einen Verhandlungserfolg halte, sagte von der Leyen demnach. Aber sie wolle keinesfalls die Erwartungen hochschrauben. "Die Wahrscheinlichkeit eines 'No deal' ist größer, als die eines Deals", sagte von der Leyen.

Auch der britische Premierminister Boris Johnson hatte seine Landsleute am Donnerstag aufgefordert, sich auf ein Scheitern der Gespräche mit der EU einzustellen. Ein Treffen von Johnson und von der Leyen am Mittwochabend in Brüssel hatte keinen Durchbruch gebracht.

Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Übergangsphase ist es bisher nicht gelungen, ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit auszuhandeln. Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft.

Inzwischen wäre die Zeit für die rechtzeitige Ratifizierung eines Abkommens bis zum Jahresende äußerst knapp. Hauptstreitpunkte in den Verhandlungen sind nach wie vor faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern.

Angesichts der festgefahrenen Gespräche veröffentlichte die EU-Kommission am Donnerstag Notfallgesetze für den Fall, dass es am 1. Januar kein Handelsabkommen gibt. Die Pläne der Brüsseler Behörde sollen "einige der bedeutenden Störungen" etwa im Flug- und Straßenverkehr abmildern.

by Olivier HOSLET