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Von der Leyen ruft EU-Länder in Lampedusa zu Aufnahme von Flüchtlingen auf

Bei einem gemeinsamen Besuch auf der Mittelmeerinsel Lampedusa haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni die europäischen Länder dazu aufgerufen, einen Teil der in Italien ankommenden Flüchtlinge aufzunehmen. "Die irreguläre Immigration ist eine Herausforderung, die eine europäische Antwort benötigt", sagte von der Leyen am Sonntag. Deutschland erwägt unterdessen angesichts der kritischen Lage auf Lampedusa, die kürzlich unterbrochene Übernahme von Flüchtlingen aus Italien im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung wieder aufzunehmen.

Die 145 Kilometer nördlich von Tunesien gelegene, süditalienische Insel ist jeden Sommer mit der Ankunft tausender Flüchtlinge konfrontiert. Zwischen Montag und Mittwoch waren etwa 8500 Menschen in 199 Booten in Lampedusa gelandet. Die Zahl übersteigt die Einwohnerzahl der Insel deutlich. 

Nach Angaben des italienischen Roten Kreuzes befanden sich am Sonntagmorgen 1500 Menschen in dem für 400 Personen ausgelegten Aufnahmezentrum der Insel. Dem Roten Kreuz zufolge sind für den weiteren Verlauf des Tages Transfers nach Sizilien und auf das italienische Festland vorgesehen. 

Meloni hatte die EU am Freitag zu raschem Handeln aufgefordert. Die Lage in Italien wegen des Flüchtlingszuzugs sei "unerträglich", sagte die ultrarechte Regierungschefin. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit von der Leyen mahnte Meloni, auf Lampedusa gehe es um die "Zukunft Europas". Denn die Zukunft Europas hänge von der Fähigkeit ab, sich großen Herausforderungen wie den Flüchtlingsankünften zu stellen.

Die beiden Frauen wurden bei ihrer Ankunft auf Lampedusa von unzufriedenen Inselbewohnern empfangen, die drohten, ihre Weiterreise zu blockieren. "Wir tun alles in unserer Macht Stehende", sagte Meloni den Demonstranten.

Im Juli hatte von der Leyen mit Unterstützung Melonis ein Abkommen mit Tunesien erreicht, das die irreguläre Migration aus dem nordafrikanischen Land in die EU eindämmen soll.

Mehr als 127.000 Migranten sind seit Beginn des Jahres an Italiens Küsten angekommen. Das sind beinahe doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Mehr als 2000 Menschen sind der UN-Einwanderungsbehörde IOM zufolge dieses Jahr beim Versuch, Italien oder Malta von Nordafrika aus zu erreichen, ums Leben gekommen. 

Die Ankunft von tausenden Migranten auf der Insel hat die Debatte um die Aufteilung der Verantwortung innerhalb der EU erneut angefacht. Von der Leyen und Meloni wurden bei ihrer Reise vom italienischen Innenminister Matteo Piantedosi sowie der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson begleitet.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte Italien nach einem Telefonat mit den Ressortchefs Italiens, Spaniens, Frankreichs und der EU-Innenkommissarin Johansson am Samstag Solidarität in der Flüchtlingskrise versprochen. Das Thema solle "in Kürze weiter beraten" werden, erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

Der Sprecher verwies abermals auf den Grund der vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Unterbrechung des Aufnahmeprogramms: Italien habe "die Verpflichtung zur Rückübernahme von Schutzsuchenden nach den Dublin-Regeln nicht erfüllt".

Innenministerin Faeser habe in dem Gespräch mit ihren Kollegen aber "betont, dass sich Deutschland immer solidarisch gezeigt hat und dies auch weiter tun wird".

Aktuell fänden nach wie vor keine Gespräche mit Geflohenen vor Ort in Italien statt - bei diesen Gesprächen geht es um die Frage, wer für eine Übernahme nach Deutschland in Frage kommt. Diese Gespräche könnten aber "jederzeit wieder aufgenommen werden", erklärte der Sprecher.

Im Rahmen der freiwilligen Übernahme hatte Deutschland zugesagt, bis zu 3500 Schutzsuchende aus Staaten an der südlichen EU-Außengrenze aufzunehmen, wo derzeit besonders viele Migranten ankommen. Laut Bundesinnenministerium wurden bislang mehr als 1700 Schutzsuchende aufgenommen - rund tausend davon aus Italien.

Mit dem Verweis auf die Dublin-Überstellungen bezog sich das Bundesinnenministerium auf das geltende EU-Asylrecht. Demnach sollen Asylsuchende, die unerlaubt in einen anderen Mitgliedstaat weiterziehen, in der Regel wieder in den Erst-Einreisestaat zurückgebracht werden.

ma/pw/ck