Im westafrikanischen Krisenland Mali haben die Menschen am Sonntag über eine neue Verfassung abgestimmt. Viele Wähler standen bereits vor den Wahllokalen Schlange, als diese um 8.00 Uhr (Ortszeit; 10.00 MESZ) öffneten, wie ein AFP-Korrespondent in der Hauptstadt Bamako beobachtete. Die Abstimmung gilt als Test für die seit 2021 regierende Militärjunta, die die neue Verfassung als Antwort auf die zahlreichen Krisen im Land beworben hatte. Im Februar 2024 sind Wahlen geplant, um wieder eine zivile Regierung zu installieren.
Die Ergebnisse des Referendums werden binnen 72 Stunden nach der Abstimmung erwartet. Es gilt als sicher, dass die Ja-Stimmen zum neuen Verfassungsentwurf überwiegen werden. Offen ist aber, wie hoch die Zustimmung sowie die Wahlbeteiligung ausfallen werden.
Der Verfassungsentwurf sieht eine Stärkung der Macht des Präsidenten vor. Demnach soll er - und nicht wie zuvor die Regierung - "über die Politik des Landes entscheiden" und den Ministerpräsidenten und die Minister ernennen. Außerdem soll das Staatsoberhaupt die Befugnis bekommen, die Regierung zu entlassen.
In Mali sind rund 8,4 Millionen Menschen wahlberechtigt. Aus Sicherheitsgründen wird das Referendum in manchen Teilen des Landes nicht abgehalten, etwa in der ehemaligen Rebellen-Hochburg Kidal im Norden.
Mali ist seit Jahren Schauplatz einer Rebellion islamistischer Extremisten, die 2012 im Norden des Landes begann und später auch auf die Nachbarländer Niger und Burkina Faso übergriff. Die Bundeswehr ist seit 2013 an der UN-Mission Minusma zum Schutz der Zivilbevölkerung beteiligt. Ende Mai beschloss der Bundestag aufgrund von Spannungen mit der Junta jedoch, alle Soldaten der Bundeswehr bis Ende Mai 2024 aus dem Sahel-Staat abzuziehen.
Die herrschende Militärjunta arbeitet verstärkt mit Russland und auch mit der berüchtigten russischen Söldnergruppe Wagner zusammen, was aus westlicher Sicht den UN-Einsatz behindert.
Vor dem Referendum hatte Malis Militärregierung ein sofortiges Ende der UN-Mission gefordert. Die Minusma-Soldaten müssten Mali "unverzüglich" verlassen, sagte Außenminister Abdoulaye Diop am Freitag (Ortszeit) vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Er bezeichnete die Mission als gescheitert.
Minusma-Chef El Ghassim Wane sagte, diese Haltung mache eine Fortsetzung der Mission "nahezu unmöglich. Eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums erklärte, Deutschlands Interesse sei "weiterhin ein geordneter Abzug". Zugleich übte sie Kritik an der Militärjunta: "Dass die malische Transitionsregierung und Russland die anstehende Verlängerung des UN-Mandats nutzen werden, um politisches Kapital daraus zu schlagen, überrascht uns nicht", erklärte sie.
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