Der bekannte Virologe Christian Drosten hat sich zur aktuellen Lage der Corona-Pandemie zu Wort gemeldet. In einem Interview mit der Zeitung “Tagesspiegel” kritisierte Drosten nicht nur die unverhältnismäßige Kritik an seiner Kinderstudie, sondern warnte auch vor zukünftigen Problemen der unbeschränkten Schulöffnung.
Der bekannte deutsche Virologe Christian Drosten hat bei dem Interview mit dem “Tagesspiegel” vor allem kritisiert, dass Deutschland zu viel wichtige Zeit dabei verloren habe, den coronakonformen Schulbetrieb zu ermöglichen. Einer der Gründe für dieses Versäumnis sei gewesen, “dass es im Mai und Juni so viel irreführende Informationen in der öffentlichen und politischen Diskussion gegeben hat”. Denn der Virologe ist der Meinung, dass seine Studie zur Rolle der Kinder im Zusammenhang mit der Übertragung des Coronavirus “unter Missachtung der journalistischen Sorgfaltspflicht medial teils falsch dargestellt und völlig ungerechtfertigt skandalisiert” worden sei. Durch diese Diskussion sei aus Drostens Sicht wertvolle Zeit verloren worden. “Ich habe immer gesagt, dass die Schulen offenbleiben sollten, aber man muss doch darüber reden, wie das erreicht werden kann, wie Arbeitsschutz für Lehrer und Fürsorgepflicht für die Schüler trotzdem gewährleistet werden”, erklärte der Virologe.
Aus diesem Grund sieht der Mediziner Deutschland nun an einem ähnlichen Punkt, an dem man bereits vor Monaten war. Aus Drostens Sicht seien in damaligen Diskussion wichtige Fragen auf der Strecke geblieben. “Mai, Juni, Juli, August – vier Monate hätte man Zeit gehabt, wenn nicht gleich zu Anfang die entscheidende Information verzerrt worden wäre durch einen Angriff auf meine Person und die wissenschaftliche Arbeit meiner Arbeitsgruppe”, ist sich Drosten sicher und macht folgende Ankündigung: “Wir werden Probleme kriegen mit der unbeschränkten Schulöffnung, wie sie inzwischen stattgefunden hat.” Im Augenblick sei er selbst damit beschäftigt seine Studie weiter auszubauen. “Inzwischen haben wir Daten aus sechs Monaten statt sechs Wochen gesammelt und können jetzt sehr wichtige zusätzliche Aussagen treffen, die bisher unbekannt waren.” Nun sei es zum Beispiel möglich zu erkennen, wie die Ergebnisse des PCR-Tests mit der tatsächlichen Infektiosität korreliert. Mit diesem neuen Wissen wären Labore ab sofort in der Lage, die Ansteckungsgefahr einer positiv getesteten Person genauer einzuschätzen. “Das Ziel ist, einen Korridor festzulegen. Wenn die PCR viel Virus nachweist, dann war dieser Patient mit großer Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Probenentnahme infektiös. Also Vorsicht! Wer Kontakt hatte, sollte sofort in Quarantäne. Wessen Testergebnis unterhalb eines bestimmten Korridors liegt, der ist zwar infiziert, aber nicht mehr infektiös und stellt eher kein großes Risiko dar”, erklärte Drosten in dem Interview mit dem “Tagesspiegel”. Mit den neuen Daten hofft Drosten den Gesundheitsämtern ein wenig Entlastung bei der Nachverfolgung von Kontakten zu verschaffen und den Kliniken bei der Entscheidung zu helfen, ab welchem Zeitpunkt ein Corona-Patient entlassen werden kann.