Stabile Rahmenbedingungen für Handel und Investitionen: Die EU und China wollen am Mittwoch das seit Jahren verhandelte Investitionsabkommen besiegeln. Für den Nachmittag war eine Videokonferenz von Chinas Präsident Xi Jinping mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel angesetzt. An dem Abkommen gibt es wegen der Menschenrechtslage in China scharfe Kritik.
Xi wollte sich zudem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu dem Abkommen abstimmen, wie es in Brüssel hieß. Zu dem Abkommen laufen seit Ende 2013 Gespräche. Es soll den Unternehmen auf beiden Märkten wechselseitig faire und gleichberechtigte Rahmenbedingungen für Handel und Investitionen sichern.
Wichtige Punkte aus europäischer Perspektive sind etwa der Schutz geistigen Eigentums und das Eindämmen massiver Subventionen für chinesische Unternehmen. Europäische Firmen erhoffen sich zudem mehr Rechtssicherheit und ein höheres Augenmerk auf das Thema Nachhaltigkeit.
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, sprach von einem "ersten Schritt hin zu einheitlichen und von beiden Seiten akzeptierten Regeln im härter werdenden Wettbewerb". Das Abkommen bedeute einen besseren Marktzugang, mehr Investitionsmöglichkeiten und besseren Schutz für europäische Firmen in China sowie neue, verbindliche Regeln für chinesische Unternehmen in Europa. Gleichwohl sei klar: "Bei einem schwierigen Verhandlungspartner wie China durfte man keine Wunder erwarten."
Der Außenhandelsverband BGA bezeichnete das Abkommen als "gute Nachricht" zum Jahresende. Es sei "höchste Zeit, dass die Asymmetrie beim Marktzugang für Investitionen zwischen der EU und China beseitigt wird", erklärte BGA-Präsident Anton Börner. Entscheidend werde nun sein, wie das Abkommen in China umgesetzt werde, außerdem dürfte "verdeckte Subventionierung" weiterhin eine Herausforderung bleiben.
Als "Chance für Investitionen, Handel und Wachstum" wertete auch der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie das Abkommen. Nun müsse China es auch "treu" einhalten - dabei gehe es auch um den Respekt internationaler Sozialstandards.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lobte das Abkommen zwar, warnte aber auch vor zu hohen Erwartungen. Auch mit der Vereinbarung erhielten Investoren "noch keinen wirklich freien Marktzugang in China".
Führende EU-Abgeordnete äußerten ernste Bedenken. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), forderte Verbesserungen beim Thema Zwangsarbeit. Für die SPD sei "besonders wichtig", dass faire Wettbewerbsbedingungen "auch beim Thema Arbeitnehmerrechte gelten", daher müsse der Kampf gegen Zwangsarbeit verstärkt werden.
China müsse die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation gegen Zwangsarbeit ratifizieren und umsetzen, forderte Lange. Dieses Ziel müsse Teil des Abkommens sein. "Wir werden den Text im Handelsausschuss ausführlich prüfen und - wenn nötig - Nachbesserungen einfordern."
Nach EU-Angaben könnte es noch bis Anfang 2022 dauern, bis der Ministerrat und das Europäische Parlament offiziell im Rahmen des Ratifizierungsprozesses zum Zuge kommen. Erst nach einer Zustimmung des Parlaments kann das Abkommen in Kraft treten.
Kritisch äußerte sich auch der EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer. Bei der Frage der Zwangsarbeit gebe sich die EU mit "Geschwätz" zufrieden, sagte der Grünen-Politiker dem Deutschlandfunk. China praktiziere im großen Umfang Zwangsarbeit und verpflichte sich in dem Abkommen lediglich dazu, die Ratifizierung einer Konvention zu prüfen. Das sei "wertloses Gerede".
An dem Abkommen gibt es auch wegen der chinesischen Menschenrechtsverstöße unter anderem in Hongkong und in der Provinz Xinjiang erhebliche Kritik. Die EU hatte etwa am Dienstag und damit kurz vor der geplanten Besiegelung des Abkommens die sofortige Freilassung der inhaftierten chinesischen Bloggerin Zhang Zhan verlangt.
by THIERRY CHARLIER