Homeoffice, wann immer es geht: Zur weiteren Eindämmung der Corona-Infektionszahlen hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die Pflicht genommen. "Wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegensprechen, müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten", sagte er am Mittwoch in Berlin. Das Bundeskabinett billigte eine Corona-Arbeitsschutzverordnung - ein verbindliches Recht auf Homeoffice soll es aber nicht geben. Zudem soll kein Beschäftigter zur Arbeit außerhalb des Betriebs gezwungen werden.
Es gehe darum, dass alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens "einen angemessenen Beitrag leisten", um das Infektionsgeschehen einzudämmen, sagte Heil. Zugleich müsse ein "vollständiger Lockdown der Wirtschaft verhindert" werden. Es habe sich unter anderem in anderen Ländern gezeigt, dass Homeoffice ein wirksames Mittel im Kampf gegen die Pandemie sei.
Ganz konkret müssten Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor einer möglichen Ansteckung geschützt werden, sagte der Bundesarbeitsminister. Daher appelliere er an alle Beteiligten, abgesehen vom Homeoffice darauf hinzuwirken, die Kontakte am Arbeitsplatz "so weit wie möglich" zu reduzieren. Dort wo ein Kontakt nicht vermeidbar sei, müsse der Arbeitgeber Masken bereitstellen.
In der Arbeitsschutzverordnung, die am kommenden Mittwoch in Kraft treten soll und zunächst bis Mitte März befristet ist, sind auch die Ziele fester betrieblicher Arbeitsgruppen sowie eines "möglichst zeitversetzten Arbeitens" verankert. Durch mehr Menschen im Homeoffice reduziere sich zudem die Zahl der Nutzer des Nahverkehrs, was wiederum diejenigen schütze, die nicht zu Hause arbeiten könnten.
Indes werde "nicht flächendeckend kontrolliert werden können", ob sich die Arbeitgeber an die Umsetzung der Verordnung halten, "aber stichprobenartig", sagte Heil. Dafür zuständig sind die Arbeitsschutzbehörden der Länder. An diese sollten sich Arbeitnehmer bei Problemen ebenso wenden wie an den Arbeitgeber und den Betriebs- oder Personalrat, riet der Minister.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte dazu, es sei "in Ordnung", dass Kontrollen geplant seien. "Man muss aber die Waage halten." Zugleich sei die Gefahr eines "Bürokratiemonsters" groß. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, es handle sich nicht um einen Rechtsanspruch auf Homeoffice - dagegen hatten sich Wirtschaftsverbände im Vorfeld gewehrt.
Die Grünen sprachen von einer "überfälligen" Regelung. Zugleich müsse die Bundesregierung dies auch selbst in den Ministerien und nachgeordneten Bundesbehörden durchsetzen, "denn hier hapert es noch", erklärte Arbeitsmarktexpertin Beate Müller-Gemmeke. Linken-Chefin Katja Kipping kritisierte indes, die Bundesregierung sei die Verpflichtung nur "sehr halbherzig angegangen" und habe sich dem Sturm der Arbeitgeberlobby gegen noch strengere Regeln gebeugt.
Der Digitalverband Bitkom sieht bei der verschärften Homeoffice-Regelung vor allem die öffentliche Verwaltung in der Pflicht. Dort gebe es den größten Handlungsbedarf. "Die meisten der fünf Millionen Beschäftigten der Öffentlichen Hand könnten von ihrer Tätigkeit her auch zu Hause arbeiten, den wenigsten wird es bislang ermöglicht", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg.
Die Unternehmerverbände Niedersachsen bezeichneten die Homeoffice-Regeln allerdings als "bürokratischen Aktionismus". Was konkret an mobiler Arbeit möglich sei, könne nur in den Betrieben entschieden und organisiert werden.
by John MACDOUGALL