Allem Anchein nach hat Kreml-Chef Wladimir Putin arge Probleme damit Realität und Fiktion zu unterscheiden. Sein Auftritt im russischen Fernsehen hat nun selbst bei Putin-treuen Russen Zweifel ausgelöst. Denn bei einem Interview zerredete der russische Präsident jetzt auch Fakten, als würden sie gar nicht existieren – verliert er wirklich den Verstand?
Und dabei ging es diesmal ausnahmsweise gar nicht um den Krieg in der Ukraine, die Regierung in Kiew, die angeblichen Nazis oder die NATO. Diesmal nahm Putin lediglich Stellung zu ganz normalen politischen Problemen. Nämlich einem Problem von Baumaterialien. Diese kommen wegen der Probleme der russischen Wirtschaft nur noch über Umwege ins Land. “Die Sanktionen, die gegen die Russische Föderation verhängt wurden, haben praktisch die gesamte Logistik in unserem Land zerstört. Und wir sind gezwungen, nach neuen Logistik-Korridoren zu suchen“, hatte der russische Verkehrsministers Witali Saweljew bereits vor einige Tagen erklärt. Fast zeitgleich äußerte sich Putin mit einer bizarren Erklärung, warum denn am strategisch wichtigen Standort Kaliningrad die Bauproduktion fast komplett zusammengebrochen ist. Doch Kaliningrad kann nur über die Ostsee erreicht werden. Um auf dem Landweg dorthin zu gelangen muss man Litauen oder Polen durchfahren. Dies gestaltet sich wegen der Sanktionen des Westens zur Zeit allerdings schwierig.
Aus diesem Grund hatte der Gouverneur von Kaliningrad im TV darauf hingewiesen, dass die Problem durch die Sanktionen im Zusammenhang mit der “Militärischen Spezialoperation“ in der Ukraine stehen. Dadurch sei die Baubranche in Kaliningrad ins Stocken geraten. “Was hat das damit zu tun?“ raunzte Putin den jungen Gouverneur dann in einer Live-Schalte an. Nach Putins Ansicht hätten die Probleme nichts mit der “Spezialoperation im Donbass“ zu tun. Als der Gouverneur zu einer Erklärung ansetzte wollte, wurde er sofort von Putin unterbrochen. “Nicht nötig, ich weiß alles. Der Hinweis war ehrlich gesagt überhaupt nicht relevant“, ließ Putin verlauten. Stattdessen beharrt Putin darauf, dass es bereits im Vorjahr einen “Rückgang in der Baubranche um 48,9 Prozent gab“, erklärte Putin. Probleme lösen wird Putin mit dieser systematischen Realitätsverweigerung aber eher nicht. Deshalb kommen die westlichen Geheimdienste zu dem Schluss, dass Putin selbst seinen engsten Beratern nicht mehr traut. Dies macht es auch Putins Landsleuten schwer in ihren Präsidenten zu vertrauen. Denn Putin mischt sich in fast alle Themen selbst mit ein, obwohl er die Dinge nur schwer beurteilen kann.
