200418:

Verkauft uns Lauterbach an die Pharmaindustrie? Geheimer Deal - Experte kritisiert Pläne von Lauterbach

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (61, SPD) betont oft die Bedeutung von Transparenz. Sein umstrittener Klinikatlas soll Patienten deutschlandweit informieren, welche Krankenhäuser die besten Leistungen erbringen. Das Motto: Wissen ist Macht.

Klüngelei und Geheimnistuerei bei Medikamenten?

Anders verhält es sich bei Arzneimitteln, wo Lauterbach und Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) auf Vertraulichkeit setzen. Das neue Medizinforschungsgesetz (MFG) der Ampelregierung sieht vor, Preisabsprachen zwischen Pharmaindustrie und Krankenkassen künftig nicht mehr offenzulegen. Die verhandelten Rabatte sollen geheim bleiben – angeblich, um Kosten zu senken und Preise zu drücken.

Lauterbach erwartet von diesen geheimen Vereinbarungen Milliardeneinsparungen, ohne sicher zu wissen, ob das wirklich eintritt. Eine Milliardenwette! Diese Pläne stoßen auf erheblichen Widerstand.

Experte kritisiert Pläne von Lauterbach

"Kanzleramt und Gesundheitsminister stehen im Konflikt mit allen Beteiligten“, warnt Jörg Geller (62) vom Bundesverband der Arzneimittel-Importeure. "Krankenkassen, Ärzte, Apotheker, Patientenschützer, der Bundesrat und sogar Teile der Pharmaindustrie lehnen Geheimpreise ab.“ Geller weiter: "Wie geheime Preisabsprachen zu niedrigeren Preisen führen sollen, bleibt das Geheimnis der Bundesregierung. Nur ein offener Markt zwingt alle Beteiligten zu wirtschaftlichem Handeln.“ Transparenz sei "das Prinzip unserer Marktwirtschaft“. Deutschland gibt jährlich 49 Milliarden Euro für Medikamente aus. Lauterbach argumentiert, dass die verhandelten Preise in Deutschland Signalwirkung in ganz Europa hätten. Hersteller würden höher pokern, wenn die Ergebnisse veröffentlicht werden müssten. Geheimpreise hingegen führten zu Rabatten.

Deutschland soll höchste Preise bei Medikamenten haben

Lauterbach zu BILD: "Deutschland hat als einziges europäisches Land seine Arzneimittelpreise bisher immer transparent gemacht. Daher haben wir die höchsten Preise. Die Franzosen bezahlen 37 Prozent weniger.“ Deutschland dürfe nicht länger Zahlmeister für alle anderen sein“. Aber ist das wirklich der Fall? Das bisherige Verfahren ist nicht immer nachteilig für deutsche Versicherte. Es gibt erhebliche Preisunterschiede bei Arzneimitteln in Europa. Der Verband der Arzneimittel-Importeure hat für BILD Medikamentenpreise in Europa verglichen. Ein Beispiel: Das Herzmittel Ranexa kostet in Deutschland 56,53 Euro, in Italien nur 12,18 Euro – ein Punkt für Lauterbachs "Zahlmeister“-Theorie. Aber das Hautkrebs-Mittel Zelboraf kostet in Deutschland 1172 Euro, während der Preis in England über 2000 Euro und in Lettland sogar 5.500 Euro beträgt – fast das Fünffache.

Vereinberung könnte für höhere Preise sorgen

Das bedeutet: Deutschland ist nicht durchgehend "Zahlmeister“ für das Ausland. Die Gefahr, dass "vertrauliche“ Deals die Preise hochtreiben, ist jedoch groß. Der AOK-Bundesverband rechnet mit 3,3 Milliarden Euro Zusatzkosten und warnt vor "erheblichen Beitragssatzsteigerungen“. Die Ampelregierung scheint das nicht zu stören. Kanzler Scholz bemüht sich sichtlich, Deutschland für Pharmariesen attraktiver und preiswerter zu machen. Erst im April nahm Scholz am Spatenstich für ein neues Werk des Herstellers Eli Lilly in Alzey (Rheinland-Pfalz) teil und versprach: "Was immer wir als Bund tun können, um den Pharma-Standort Deutschland noch weiter zu stärken, das werden wir tun.“ Arzneimittelimporteur Geller sieht das kritisch: "Kanzler Scholz betreibt hier Standortpolitik zulasten der Beitragszahler. Das Gesetz macht Arzneimittel insgesamt um Milliarden teurer, die Rechnung zahlen am Ende die Versicherten.“