Die Digitalisierung der Verwaltung kommt in Deutschland auch weiterhin kaum voran. Aktuell können Bürgerinnen und Bürger bundesweit nur 81 aller 581 Behörden-Services komplett online nutzen, wie das Verbraucherportal Verivox am Donnerstag mitteilte. Es wertete die im Onlinezugangsgesetz (OZG) aufgeführten Verwaltungsdienstleistungen Mitte Dezember aus.
Laut dieser Auswertung sind 96 behördliche Dienstleistungen zumindest teilweise online abrufbar. 404 Leistungen (mehr als zwei Drittel) allerdings sind gar nicht digitalisiert: 198 Dienste bieten nur eine Online-Leistungsbeschreibung, 194 Services bieten keinerlei Online-Informationen. Zwölf Leistungen sind bisher nicht eingeordnet worden und noch offen.
Ein wesentliches Problem bestehe im Fehlen einheitlicher Lösungen auf Basis standardisierter Software, erklärte Verivox-Telekommunikationsexperte Jens-Uwe Theurer. Laut Bund konnten zwar zahlreiche Onlinedienste entwickelt werden, die aber oft nur in einzelnen Ländern oder Kommunen verfügbar seien. "Die deutsche Bürokratie verlangt – wie auch im Bildungswesen – die Entwicklung komplexer und damit anfälliger Individuallösungen." Zudem klafften "eklatante Lücken" bei der digitalen Ausbildung des Personals im öffentlichen Dienst.
Mit dem 2017 in Kraft getretenen Onlinezugangsgesetz war die Digitalisierung von fast 600 Verwaltungsdienstleistungen angestrebt worden. Als Frist waren dafür fünf Jahre bis Ende 2022 vorgegeben.
Die Digitalisierung der Verwaltung und online für die Bürger nutzbare Dienstleistungen sind ein zentrales Element des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP. Im Mai 2023 wurden im OZG-Änderungsgesetz 16 Verwaltungsleistungen priorisiert, um sie vorrangig flächendeckend zu digitalisieren; ausgewählt wurden häufig genutzte Leistungen wie die Ummeldung des Wohnsitzes oder die Beantragung des Personalausweises. Stand Mitte Dezember 2023 waren laut Verivox 15 dieser sogenannten Fokusleistungen mindestens teilweise digital.
Zu bereits online nutzbaren Leistungen gehören Anträge auf Arbeitslosengeld, Pflegegeld oder Führerscheine. Auch die Steuererklärung ist bundesweit vollständig online möglich.
ilo/cha