Deutschlands oberste Verbraucherschützerin Ramona Pop hat vor einer "Rolle rückwärts" beim Schutz von Kunden vor einseitigen Preiserhöhungen gewarnt. Anbieter dürften "auf keinen Fall einen Freifahrtschein" für solche Preiserhöhungen erhalten, forderte die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) am Mittwoch. Stattdessen sollten Verbraucherinnen und Verbraucher auch künftig Preiserhöhungen oder anderen wichtigen Vertragsanpassungen "ausdrücklich zustimmen" müssen.
Hintergrund sind nach Angaben des vzbv Pläne des Bundesjustizministeriums, die gegenwärtige Praxis zu ändern. Derzeit gilt die Rechtslage, dass Anbieter, die Verträge ändern und beispielsweise Preise erhöhen wollen, sich dafür die ausdrückliche Zustimmung der Kundinnen und Kunden einholen müssen. Im Jahr 2021 hatte der Bundesgerichtshof dies in einem viel beachteten Urteil im Grunde bestätigt und im Fall der Postbank entschieden, dass Änderungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, die auf stillschweigende Zustimmung abzielen, unwirksam sind.
Im November hatte das "Handelsblatt" berichtet, dass ein Regelungsvorschlag aus dem Bundesjustizministerium von Marco Buschmann (FDP) nun allerdings vorsehe, dass Gebührenerhöhungen grundsätzlich wieder greifen sollen, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher einem solchen Schritt innerhalb einer bestimmten Frist nicht widersprechen.
Aus Sicht des vzbv wäre das für die Verbraucher mit deutlichen Nachteilen verbunden und hätte Auswirkungen auch über den Bankenbereich hinaus, beispielsweise auf Streamingdienste. "Kommt die angedachte Gesetzesänderung, wären Verbraucher:innen weniger geschützt vor Preissteigerungen durch einseitige Vertragsanpassungen", erklärte Pop. Ein Stillschweigen dürfe grundsätzlich nicht als Zustimmung gewertet werden. Die Pläne des Justizministeriums "wären eine Rolle rückwärts beim Verbraucherschutz", kritisierte sie.
Auch innerhalb der Ampel-Koalition gibt es Kritik an den Vorschlägen des Justizministeriums, wie das "Handelsblatt" am Dienstag berichtet hatte. Luiza Licina-Bode (SPD), Mitglied im Rechtsausschuss des Bundestags, gab laut der Zeitung zu bedenken, dass die Folgen für den Wirtschaftsverkehr "nicht absehbar und auch nicht ausreichend geklärt“ seien. Auch die Grünen stünden den Plänen des Justizministeriums "mindestens skeptisch bis ablehnend gegenüber“, sagte Finanzpolitiker Stefan Schmidt dem "Handelsblatt".
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