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Verbände fordern vor Wirtschaftsgipfel Ausweitung der Überbrückungsgelder

Weitere Branchen sollen Hilfen erhalten - Ruf nach konkreten Öffnungsplänen

Angesichts der fortgesetzten Corona-Beschränkungen erwarten die Wirtschaftsverbände von dem anstehenden Gipfeltreffen mit Minister Peter Altmaier (CDU) eine Ausweitung der Staatshilfen, konkrete Öffnungsplanungen und die Ermöglichung grenzüberschreitender Warenlieferungen. Nach den jüngsten Beschlüssen von Bund und Ländern gebe es "definitiv Gesprächsbedarf", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Hotels und Gaststätten (Dehoga), Ingrid Hartges, den RND-Zeitungen vom Samstag. Altmaier will am Dienstag mit Wirtschaftsverbänden über die schwierige Lage in der Corona-Krise sprechen.

"Die hart betroffenen Branchen wie Gastronomie und Hotellerie, die seit dem 2. November geschlossen sind, benötigen dringend eine Öffnungsperspektive", betonte Hartges.

Der Handelsdachverband HDE forderte, die staatlichen Überbrückungsgelder auf weitere Unternehmen auszuweiten. Mittlere Handelsunternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro gingen bei den Zuschüssen nach wie vor leer aus, kritisierte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Zahlreiche Firmen-Eigner müssten auf ihre Rücklagen für den Ruhestand zurückgreifen. Weitere Darlehen von Banken gebe es häufig nicht mehr, ohnehin könnten sich viele Händler eine weitere Verschuldung gar nicht leisten.

Genth rief die Bundesregierung vor allem zu einer stärkeren Unterstützung des Modehandels auf, den es am härtesten treffe. Die Ladenbesitzer dürften zwar bereits Winterware steuermindernd abschreiben, "doch die Ausgestaltung dieser Regelung ist viel zu bürokratisch".

Ferner beklagte der HDE, dass der Einzelhandel bei den Dezemberhilfen weiterhin außen vor bleibe. Das sei gegenüber der Gastronomie eine massive Ungleichbehandlung, sagte Genth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zwei Drittel der Innenstadthändler sähen sich ohne zusätzliche staatliche Hilfe in Existenzgefahr.

Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik warnte vor allem vor Grenzschließungen oder erschwerten Grenzübertritten. "Ein Fahrzeughersteller kann 99,9 Prozent aller Teile für ein Auto geliefert bekommen. Wenn aber die Reifen aus einem speziellen Beschaffungsmarkt fehlen, kann der Wagen weder fertiggestellt noch ausgeliefert werden", sagte ein Verbandssprecher dem RND.

SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich sagte den Funke-Zeitungen vom Samstag: "Herr Altmaier hat eine Menge aufzuholen." Mützenich fügte hinzu: "Ich verlasse mich auf die Zusagen des Wirtschaftsministers, dass die Überbrückungshilfe III mit hohen Abschlagszahlungen jetzt endlich schnell fließt."

Grünen-Parteichef Robert Habeck fordert eine stärkere Bindung der Mittel aus dem Corona-Wirtschaftsstabilisierungsfonds an einen industriellen Wandel. Mit den Akuthilfen würden in der absoluten Not Existenzen gesichert, sagte Habeck der "Heilbronner Stimme" vom Samstag. "Aber die enormen Geldmengen, die wir über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds einsetzen, müssten eigentlich mehr erreichen."

Die Hilfen sollten nach Ansicht des Grünen-Chefs viel stärker daran gebunden sein, "die Industrie zu motivieren, die notwendigen Transformationen anzugehen". Es gehe darum, "etwa Fahrzeugflotten zu erneuern, den CO2-Ausstoß runterzubringen, auf klimaneutralen Stahl umzustellen, industrielle Produktionsprozesse auf Wasserstoffbasis zu ermöglichen", sagte Habeck.

by Odd ANDERSEN