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V-Mannführer muss nicht in Amri-Untersuchungsausschuss aussagen

Bundesverfassungsgericht lehnt Klage von FDP, Linken und Grünen ab

Das Bundesinnenministerium darf sich weigern, einen V-Mannführer des Verfassungsschutzes als Zeugen im sogenannten Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags zu benennen. Das parlamentarische Aufklärungsinteresse müsse hier ausnahmsweise hinter dem Staatswohl zurückstehen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss, mit dem es eine Klage von FDP, Linkspartei und Grünen zurückwies. Der Untersuchungsausschuss soll das Vorgehen der Behörden rund um den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz im Jahr 2016 beleuchten. (Az. 2 BvE 4/18)

Der Islamist Anis Amri fuhr am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt und tötete zwölf Menschen. Später wurde bekannt, dass die deutschen Sicherheitsbehörden Amri bereits länger beobachtet hatten. Der Bundestag setzte einen Untersuchungsausschuss ein, um mögliche Fehler aufzuklären.

Der Ausschuss wollte dazu auch den Mitarbeiter hören, der V-Personen im Umfeld einer von Amri besuchten Moschee führte. Das Bundesinnenministerium weigerte sich jedoch, diesen zu benennen: Er sei bei einer laufenden Quellenoperation eingesetzt. Bei einer Enttarnung bestehe Lebensgefahr für ihn und die V-Person, hieß es. Daraufhin zogen die Fraktionen von FDP, Linkspartei und Grünen vor das Bundesverfassungsgericht. Sie rügten eine Verletzung ihrer Rechte und der Rechte des Bundestags.

Der Zweite Senat des Gerichts entschied nun mehrheitlich, die Klage abzuweisen. Er begründete seine Entscheidung mit der inneren Sicherheit. Zwar bestehe ein “gewichtiges Interesse” an der Vernehmung des V-Mannführers, hieß es. Allerdings gebe es Grund zur ernsthaften Besorgnis, dass der Betroffene und auch andere Quellen bei einer Zeugenbefragung das Vertrauen in die Geheimhaltung ihrer Identität verlieren und die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz beenden könnten.

Im islamistisch-terroristischen Milieu bestehe eine hohe Gewaltbereitschaft, “die insbesondere gegen jene gerichtet ist, die mit dem zu beseitigenden freiheitlichen Staat kooperieren.” Ein Verrat werde religiös aufgeladen. “Der Verräter wird zum Ungläubigen, zum Feind, der mit allen Mitteln zu bekämpfen ist.” V-Leute der Geheimdienste nähmen daher ein beträchtliches Risiko auf sich.

Neue Quellen ließen sich in dem Milieu nur schwer gewinnen, führte das Gericht aus. Würden also V-Leute abspringen, könne das den Zugang zu Informationen, die für die “Wahrung der innerer Sicherheit” Deutschlands von großer Bedeutung seien, nachhaltig erschweren oder sogar zeitweise ganz verschließen.

Einer der Richter, Peter Müller, gab ein abweichendes Votum ab. Seiner Meinung nach hätte die Abwägung der unterschiedlichen Interessen zugunsten einer Vernehmung des V-Mannführers ausgehen müssen, teilte das Gericht mit.

Obleute der Fraktionen im Untersuchungsausschuss, welche die Klage mit eingereicht hatten, äußerten sich in einer gemeinsamen Erklärung enttäuscht über den Senatsbeschluss. Die Linken-Abgeordnete Martina Renner erklärte, die Bundesregierung wäre dem Parlament, der Öffentlichkeit und vor allem den Opfern Antworten schuldig gewesen: “Wie nah war eine Vertrauensperson des Bundesamts für Verfassungsschutz tatsächlich am späteren Attentäter dran, welche Informationen hat die Behörde auf diesem Weg über ihn sammeln können oder es unterlassen?”

Der FDP-Politiker Benjamin Strasser erklärte, die Rolle des Verfassungsschutzes im Fall Amri könne so nicht vollständig aufgearbeitet werden. “Wir müssen als Bundestag die Möglichkeit erhalten, dem Verfassungsschutz bei der Führung von Vertrauenspersonen besser auf die Finger schauen zu können.” Ein Weg dazu wäre die Einführung eines parlamentarischen Geheimdienstbeauftragten, der stichprobenartig die Dienste kontrolliere und mögliche Fehlentwicklungen melde.

Die Grünen-Parlamentarierin Irene Mihalic forderte eine geneue Analyse zu der Frage, was gegen die Befragung von V-Mannführern spreche. “Gegebenenfalls müssen wir politisch darauf hinwirken, dass die Kontrollrechte des Parlaments gesetzlich gestärkt” oder präzisiert würden.

Der Amri-Untersuchungsausschuss hatte in den vergangenen Wochen die letzten Zeugen gehört und seine Beweisaufnahme vorläufig abgeschlossen. Nun soll ein Abschlussbericht für den Bundestag erstellt werden.

by Von Sarah Maria BRECH

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