Inmitten der angespannten Beziehungen zu Russland verhängen die USA neue Sanktionen gegen Moskau und weisen zehn russische Diplomaten aus. US-Präsident Joe Biden unterzeichnete am Donnerstag ein Dekret für neue Strafmaßnahmen. Zur Begründung nannte das Weiße Haus mutmaßliche russische Einmischungen in die US-Wahlen 2020, den im Dezember aufgedeckten SolarWinds-Cyberangriff, die Krim-Annexion und weitere "schädliche" Aktivitäten Russlands.
Das Weiße Haus erklärte, zwar wollten die USA "stabile und berechenbare Beziehungen" zu Russland und eine Abkehr von einem "negativen Kurs". "Wir haben aber auch klar gemacht - öffentlich und privat - dass wir unsere nationalen Interessen verteidigen und der russischen Regierung Kosten für Aktivitäten auferlegen werden, die uns schaden sollen." Die USA drohten weitere Strafmaßnahmen an, sollte Russland seine "destabilisierenden internationalen Aktivitäten fortsetzen oder eskalieren".
Bereits jetzt werden zehn Vertreter der russischen Botschaft in Washington ausgewiesen, wie das Weiße Haus erklärte. Darunter seien Mitarbeiter der russischen Geheimdienste.
Das Finanzministerium in Washington untersagt zudem US-Finanzinstitutionen, ab Mitte Juni russische Staatsanleihen zu kaufen. Gegen 32 russische Vertreter und Organisationen werden Sanktionen wegen des Vorwurfs einer Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen vom vergangenen November verhängt.
Verhängt wurden zudem Sanktionen gegen sechs russische Technologiefirmen, denen Washington eine Beteiligung bei den Cyberaktivitäten der russischen Geheimdienste zur Last legt. Die US-Regierung reagiert damit auf den gigantischen SolarWinds-Cyberangriff, der Ende des vergangenen Jahres aufgedeckt worden war.
Das Weiße Haus machte den russischen Auslandsgeheimdienst SWR am Donnerstag offiziell für die Attacke verantwortlich, bei der Hacker sich über Software des US-IT-Unternehmens SolarWinds Zugang zu den Systemen von Ministerien, Behörden und Unternehmen verschafft hatten.
Neue Sanktionen wurden auch wegen der russischen Annexion und andauernden Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim verhängt. Die Strafmaßnahmen treffen fünf Russen und drei Unternehmen oder Einrichtungen. Die Strafmaßnahmen würden in "Partnerschaft" mit der EU, Großbritannien, Kanada und Australien verhängt, erklärte das US-Finanzministerium.
Russland kündigte nach Bekanntgabe der Sanktionen umgehend Gegenmaßnahmen an und bestellte den US-Botschafter in Moskau ein. "Eine Reaktion auf die Sanktionen wird unvermeidlich sein", sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. US-Botschafter John Sullivan sei bereits "zu einem schwierigen Gespräch" ins Moskauer Außenministerium einbestellt worden.
Bereits zuvor hatte der Kreml erklärt, neue Sanktionen wären "illegal". Sie würden zudem ein von Biden vorgeschlagenes mögliches Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin "nicht erleichtern". Biden hatte kürzlich ein Gipfeltreffen mit Putin in einem Drittstaat in den kommenden Monaten angeregt.
Unterstützung erhielt Washington vom Militärbündnis Nato und von der EU. Die Bündnispartner "unterstützen und solidarisieren sich mit den Vereinigten Staaten", erklärte die Nato. "Russland legt weiterhin ein anhaltendes Muster destabilisierenden Verhaltens an den Tag." Die Nato-Länder wollen sich demnach eng abstimmen, "um Russlands Handlungen anzugehen, die eine Bedrohung für die euro-atlantische Sicherheit darstellen".
Solidaritätsbekundungen kamen auch von der EU. "Wir teilen die Besorgnis unserer Partner über die zunehmende Zahl bösartiger Cyber-Aktivitäten", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Insbesondere der SolarWinds-Angriff zeige die Bereitschaft einiger, "die internationale Sicherheit und Stabilität effektiv zu gefährden".
Biden hat einen härteren Kurs gegen Russland angekündigt, nachdem seinem Vorgänger Donald Trump eine zu große Nachgiebigkeit mit Putin vorgeworfen worden war. Zuletzt hat ein russischer Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine die Spannungen zwischen Moskau und dem Westen weiter verschärft.
by Eric BARADAT, Pavel Golovkin