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USA und EU entschärfen zu Biden-Besuch Dauerstreit um Airbus und Boeing

US-Präsident sieht "große Chancen" - Washington sucht Verbündete gegen China

Beim ersten Besuch von US-Präsident Joe Biden in Brüssel haben die Vereinigten Staaten und die EU ihren langjährigen Streit um die Flugzeugbauer Airbus und Boeing entschärft. Beide Seiten verpflichteten sich am Dienstag, für fünf Jahre auf Strafzölle in dem Dauerdisput um Subventionen zu verzichten. Biden sah "große Chancen" im Verhältnis mit der EU. Doch Washington will die Europäer auch auf ein härteres Vorgehen gegen den Rivalen China einschwören.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "Durchbruch" in dem Dauerstreit um Airbus und Boeing. Dies sei "ein neues Kapitel" in den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten. "Denn wir gehen von Rechtsstreitigkeiten zur Zusammenarbeit bei Flugzeugen über."

Der Airbus-Konzern erklärte, nun seien die Voraussetzungen für einen "gleichberechtigten Wettbewerb" geschaffen. Strafzölle schadeten allen und bedeuteten für die ohnehin mit vielen Herausforderungen konfrontierte Luftfahrtindustrie nur noch eine weitere Hürde.

Von der Leyen verwies darauf, dass die vergangenen vier Jahre unter Bidens Vorgänger Donald Trump "nicht einfach" gewesen seien. Trump hatte der EU unfaire Handelspraktiken vorgeworfen und insbesondere Deutschland wegen seines hohen Handelsüberschusses kritisiert.

Im Juni 2018 hatte Trump deshalb auch milliardenschwere Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa verhängt. Nach seiner Ablösung durch Biden verzichteten die Europäer vorerst darauf, ab 1. Juni weitere Gegenzölle im Milliardenwert auf US-Waren zu verhängen, um Raum für Verhandlungen zu schaffen.

Hier hätten sich beide Seiten darauf verständigt, eine Arbeitsgruppe einzurichten, sagte von der Leyen nach dem Treffen mit Biden. Ziel sei es, "in diesem schwierigen Feld innerhalb weniger Monate voranzukommen."

Der Streit um Airbus und Boeing währt schon seit 17 Jahren. Unter Biden hatten sich beide Seiten zunächst darauf verständigt, ihre milliardenschweren Strafzölle zunächst für vier Monate bis zum 11. Juli auszusetzen. Der nun auf fünf Jahre verlängerte Burgfrieden sei "ein wichtiger Fortschritt, um eine langfristige Lösung" zu finden, sagte die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai.

"Amerika ist zurück", sagte Biden, der nur vor einem Treffen mit von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel vor die Presse trat. Es sei im Interesse der Vereinigten Staaten, "eine großartige Beziehung" mit der EU wie auch mit der Nato zu haben.

Am Montag hatte Biden erstmals an einem Gipfel der Militärallianz in Brüssel teilgenommen. Schon dort zeigte sich, dass die USA die Europäer darauf einschwören wollen, sich klarer gegenüber China zu positionieren. In der EU stößt das auf ein verhaltenes Echo, da die Volksrepublik inzwischen die USA als wichtigster Wirtschaftspartner überholt hat.

Die Handelsbeauftragte Tai sah den Airbus-Boeing-Deal dann aber in einem klaren China-Kontext. Er sei "ein Modell", auf das beide Seiten "für andere Herausforderungen durch China" aufbauen würden, sagte sie. "Anstatt mit einem unserer engsten Verbündeten zu kämpfen, kommen wir endlich gegenüber einer gemeinsamen Bedrohung zusammen." Ihr zufolge verständigten sich beide Seiten darauf, gegen den Aufkauf von Know-how im Luftfahrtbereich durch staatliche Akteure vorzugehen.

Der Streit um Airbus und Boeing währt schon seit 17 Jahren. Während Trumps Amtszeit bekam Washington von der Welthandelsorganisation WTO die Erlaubnis, Strafzölle in Höhe von 7,5 Milliarden Dollar (6,2 Milliarden Euro) gegen europäische Waren und Dienstleistungen zu verhängen. Ein Jahr später erhielt auch Brüssel die Genehmigung der WTO, seinerseits US-Importe mit Strafzöllen im Umfang von vier Milliarden Dollar zu belegen.

by Von Martin TRAUTH