Der Wahlsieg des künftigen US-Präsidenten Joe Biden ist durch die Abstimmung der Wahlleute aus allen Bundesstaaten des Landes bestätigt worden. Im sogenannten Electoral College erhielt Biden am Montag 306 der insgesamt 538 Stimmen und damit deutlich mehr als die erforderliche Mindestzahl von 270. Der bisherige Amtsinhaber Donald Trump, der seine Niederlage weiterhin nicht anerkennt, kam auf lediglich 232 Stimmen.
Alle Wahlleute hielten sich damit an die Ergebnisse der Wahl vom 3. November. Biden hatte bei der Wahl vor sechs Wochen landesweit mehr als 81 Millionen Wählerstimmen erhalten, rund sieben Millionen mehr als Trump. Der frühere Vizepräsident kam auf 51,3 Prozent der Stimmen, Trump auf 46,8 Prozent.
Der US-Präsident wird gemäß der Verfassung allerdings nicht direkt vom Volk gewählt, sondern von den Wahlleuten, die auf der Ebene der Bundesstaaten vergeben werden und zusammen das Electoral College (Wahlkollegium) bilden.
Die Abstimmung der Wahlfrauen und -männer fand gemäß der Tradition nicht zentral an einem Ort statt, sondern in ihren jeweiligen Bundesstaaten. Offiziell ausgezählt und verkündet wird das Ergebnis am 6. Januar im Kongress. Biden soll dann am 20. Januar als 46. Präsident der US-Geschichte vereidigt werden.
Dass Trump bislang ein Eingeständnis seiner Niederlage verweigert, ist ein beispielloses Verhalten. Biden ging deshalb in einer Rede am Montagabend (Ortszeit) mit dem bisherigen Präsidenten so scharf ins Gericht wie seit dem Wahlkampf nicht mehr. "Dies ist eine derart extreme Position wie wir sie noch nie gesehen haben", sagte Biden über Trump.
Der künftige Präsident hielt Trump vor, dieser weigere sich, "den Willen des Volkes", die Rechtsstaatlichkeit und die Verfassung anzuerkennen. Zugleich plädierte Biden in der Ansprache in seiner Heimatstadt Wilmington dafür, die politischen und gesellschaftlichen Gräben zu überwinden: "Jetzt ist es an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Uns zu vereinen. Zu heilen."
Biden kündigte an, er wolle ein Präsident für "alle Amerikaner" werden: "Ich werde genauso hart für jene arbeiten, die nicht für mich gestimmt haben, wie für jene, die für mich gestimmt haben."
Beobachter fürchten, dass viele US-Bürger, die Trumps Betrugsvorwürfen Glauben schenken, Biden nicht als legitimen Präsidenten ansehen könnten. Laut Umfragen akzeptiert nur jeder vierte Wähler aus Trumps Republikanischer Partei den Wahlausgang.
Trump prangert sei Wochen vermeintlichen Wahlbetrug an, ohne dafür irgendwelche Belege zu präsentieren. Der Präsident und seine Verbündeten haben in den Rechtsstreitigkeiten um die Wahl dutzende Niederlagen vor Gerichten erlitten, darunter in der vergangenen Woche zwei Mal vor dem Obersten US-Gerichtshof und am Montag vor dem Obersten Gericht des Bundesstaates Wisconsin.
Wie zahlreiche Richter haben Wahlverantwortliche auch von Trumps Republikanern die Betrugsvorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Republikanische Parlamentarier könnten trotzdem versuchen, am 6. Januar im Kongress den Wahlausgang in einigen umkämpften Bundesstaaten anzufechten. Dem werden allerdings so gut wie keine Erfolgsaussichten eingeräumt.
by Von Sebastian Smith