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US-Regierung knöpft sich Tiktok vor

Keine Downloads mehr ab Sonntag - Chinesische Videoplattform wehrt sich gegen Vorwürfe

Die US-Regierung geht ab Sonntag gegen Tiktok vor und sperrt das Herunterladen der populären chinesischen Videoplattform über die App-Marktplätze von Google und Apple. Das Handelsministerium in Washington begründete die Entscheidung am Freitag mit Gefahren für die "nationale Sicherheit". Die Nutzung des ebenfalls aus China stammenden Onlinenetzwerks Wechat, das auch Bezahlfunktionen beinhaltet, wird demnach ab Sonntag komplett blockiert.

US-Präsident Donald Trump verdächtigt Tiktok der Spionage für China und hatte vom Mutterkonzern Bytedance einen Verkauf des US-Zweigs der Videoplattform bis Sonntag verlangt, um ein Verbot zu verhindern. Bytedance hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen. Am Freitag reagierte eine Tiktok-Sprecherin "enttäuscht" auf die Ankündigung des Handelsministeriums. Die Plattform habe zuletzt "beispiellose" zusätzliche Schritte zur Transparenz unternommen und sei ein Werkzeug "für Entertainment, zur Selbstentfaltung und für Verbundenheit".

Tiktok war 2017 durch die Zusammenlegung mit der Mitsing-App Musical.ly entstanden, die mit einer Lippensynchronisierungsfunktion für selbstgedrehte Videos erfolgreich geworden war. Die Tiktok-Nutzer können 15 bis 60 Sekunden lange Videos erstellen: In den Clips wird getanzt, auch enthalten sie Parodien, Sketche und viele Schönheitstipps. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ermittelt die vor allem bei jungen Leuten populäre App Vorlieben der Nutzer und schlägt ihnen immer weitere Videos vor.

Für die mehr als 100 Millionen Tiktok-Nutzer in den USA, die die App bereits installiert haben, bedeutet der Bann, dass sie von Sonntag an keine Updates mehr herunterladen können. Die App selbst sollen sie aber noch bis zum 12. November nutzen können. Für Wechat, das vor allem bei chinesischsprachigen Nutzern in den USA populär ist, gilt bereits ab Sonntag ein Verbot.

Die US-Regierung von Präsident Trump war bereits in der Vergangenheit verschärft gegen chinesische Unternehmen aus dem Technologiesektor vorgegangen und hatte dies mit Sicherheitsbedenken begründet. Prominentes Beispiel ist hierbei der Telekommunikationsanbieter und Netzwerkausrüster Huawei, der die Vorwürfe ebenfalls zurückweist.

Im Fall von Tiktok hatte Trump dem Mutterkonzern Bytedance im August per Dekret ein Ultimatum gestellt, sich von seinen US-Geschäften zu trennen. Zur Begründung für sein Vorgehen verwies Trump unter anderem darauf, dass mit Hilfe der App Bewegungsprofile von Bundesbeamten erstellt und Firmen ausspioniert werden könnten. Die Tiktok-Sprecherin bezeichnete das Dekret am Freitag als "unrechtmäßig".

Nach Trumps Ultimatum hatte zunächst der US-Technologieriese Microsoft Verhandlungen für einen möglichen Kauf aufgenommen; zuletzt galt der Softwarekonzern Oracle als möglicher Käufer. Details waren bis zuletzt aber unklar.

Trumps Handelsminister Wilbur Ross sagte am Freitag im Sender Fox News, wenn es bis zum 12. November keinen "Deal" gebe, werde Tiktok für "alle praktische Zwecke" stillgelegt. Wenn bis dahin allerdings Bedenken bezüglich Tiktok ausgeräumt werden könnten, könne die Anordnung wieder aufgehoben werden.

by Mario TAMA