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US-Präsident Biden auf erster Auslandsreise nach Europa

78-Jährigen erwartet Gipfelmarathon - "Europa und die USA halten zusammen"

Unterwegs nach "Good old Europe": US-Präsident Joe Biden ist zu seiner ersten Auslandsreise aufgebrochen. Die Air Force One hob am Mittwochmorgen (Ortszeit) mit Biden und seiner Frau Jill an Bord von Washington in Richtung Großbritannien ab. Den 78-Jährigen erwartet innerhalb der nächsten sieben Tage ein vollgepackter Terminkalender mit G7- und Nato-, EU-USA-Gipfel sowie einem Treffen mit Russlands Staatschef Wladimir Putin.

Ziel seiner Reise sei es, Russland und China klar zu machen, dass "Europa und die USA zusammenhalten", sagte Biden kurz vor dem Abflug. Wenig später twitterte er: "Ich weiß, dass Demokratien sich zusammentun können, um die Herausforderungen dieses neuen Zeitalters zu meistern - diese Woche haben wir in Europa die Chance, das zu beweisen."

Der US-Präsident hat eine Mission in Europa: Er will der Demokratie nach westlichem Vorbild wieder mehr Gewicht verleihen und zu der von seinem Vorgänger Donald Trump beiseite gewischten Bündnispolitik zurückkehren. "Werden die demokratischen Allianzen und Institutionen, ihre Fähigkeit gegen die Bedrohungen und Gegner von heute beweisen?", schrieb Biden vor seiner Abreise in der "Washington Post" - gemeint sind vor allem China und Russland. "Ich glaube, die Antwort ist Ja."

Den Auftakt macht ein Treffen am Donnerstag mit Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Ab Freitag sind beide beim dreitägigen G7-Gipfel in Cornwall, wo die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen über eine Reihe von Themen beraten, darunter die Folgen der Corona-Pandemie, Klima- und Artenschutz, aber auch die Stärkung gemeinsamer demokratischer Werte.

Nach einem Besuch mit seiner Frau Jill bei der britischen Königin Elizabeth II. auf Schloss Windsor am Sonntag reist Biden dann nach Brüssel, wo er am Montag am Nato-Gipfel und am Dienstag am EU-USA-Gipfel teilnimmt. Das wohl schwierigste Aufeinandertreffen der Reise wartet am Ende, wenn der US-Präsident am Mittwoch in Genf auf Putin trifft.

"Amerika ist zurück", ist Bidens Mantra. Die Alternative wäre die Vorherrschaft der autoritär geführten Volksrepublik China oder "Chaos", argumentierte sein Außenminister Antony Blinken. Biden will auch das Atomabkommen mit dem Iran wiederbeleben und eine Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen. Außerdem inszeniert er sich nun als Vorreiter bei der Unterstützung anderer Länder mit Corona-Impfstoffen und bei der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie.

Nach den Trump-Jahren dürften die europäischen Partner Bidens Ankündigungen einerseits mit Erleichterung, andererseits aber auch mit Skepsis betrachten. Schließlich wurde den USA etwa vorgeworfen, Corona-Impfstoffe und die dafür benötigten Rohstoffe zu horten.

In Vorbereitung auf den G7-Gipfel kündigte die EU an, für dieses Jahr weitere 250 Millionen Euro zum Kampf gegen den Hunger in Afrika und weitere Länder zuzusagen. Eine entsprechende Ankündigung legte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch dem Europaparlament vor. Ziel seien Länder mit akuten Nahrungsmittelengpässen, die durch die Corona-Krise noch verschärft wurden. Die G7 sehen sich Forderungen von UNO und Nichtregierungsorganisationen gegenüber, mehr für den Kampf gegen den Hunger weltweit zu tun und Milliarden an Hilfen bereit zu stellen.

Brüssel forderte Washington auch auf, den Handelskonflikt um Stahl- und Aluminiumzölle zu lösen. Die US-Regierung müsse nun "Worten Taten folgen lassen", sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, im Hinblick auf den Gipfel im Europaparlament. Er verwies darauf, dass die EU in dem Konflikt jüngst auf eine normalerweise automatisch erfolgende Erhöhung ihrer Strafzölle ab dem 1. Juni verzichtet habe.

by Von Sebastian Smith