Sechs Monate nach den tödlichen Polizeischüssen auf die Afroamerikanerin Breonna Taylor hat die US-Justiz einen Polizisten angeklagt. Dem inzwischen entlassenen Beamten wird eine fahrlässige Gefährdung des Lebens anderer zur Last gelegt, wie eine Richterin in Louisville im Bundesstaat Kentucky am Mittwoch mitteilte. Das ist eine weniger schwerwiegende Straftat als beispielsweise Mord oder Totschlag.
Taylor war am 13. März in Louisville in ihrer eigenen Wohnung von weißen Polizisten erschossen worden. Die Beamten in Zivil hatten die Wohnung bei einer nächtlichen Drogenrazzia gestürmt. Taylors Freund, der mit der 26-jährigen Rettungssanitäterin im Bett lag, glaubte nach eigenen Angaben an einen Überfall, eröffnete mit seiner Waffe das Feuer und verletzte einen Polizisten. Beamte feuerten daraufhin ihre Dienstwaffen ab.
Dabei wurde Taylor durch mehrere Polizeikugeln getötet, ihr Freund überlebte. Die Polizisten wurden in der Folge zwar suspendiert, zunächst aber nicht festgenommen und formell beschuldigt. Ein Beamter wurde entlassen - er wurde nun angeklagt.
Die Behörden in Louisville hatten der Justizentscheidung vom Mittwoch mit Bangen entgegen geblickt. Aus Sorge vor Ausschreitungen verhängte Bürgermeister Greg Fischer den Ausnahmezustand. Die Polizei errichtete Barrikaden in der Innenstadt, Geschäfte und Restaurants schützten ihre Glasfassaden mit Sperrholzplatten.
Der Fall Taylor hat landesweit für Empörung gesorgt. Bei den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai wurden immer wieder auch Taylors Bild gezeigt und ihr Name genannt - sie ist eine der Symbolfiguren der Black-Lives-Matter-Bewegung.
Prominente wie die Sängerin Beyoncé, Moderatorin Oprah Winfrey und Basketballstar LeBron James haben Gerechtigkeit für Taylor gefordert. Mitte September einigte sich Taylors Familie mit der Stadt Louisville auf eine Entschädigungszahlung von zwölf Millionen Dollar.
by Jason Connolly