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US-Justizminister Barr tritt zurück

Trump-Vertrauter hatte Präsidenten bei Wahlbetrugsvorwürfen offen widersprochen

US-Justizminister Bill Barr, der öffentlich die Wahlbetrugsvorwürfe von Präsident Donald Trump zurückgewiesen hatte, tritt zurück. Dies teilte Trump am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. "Unser Verhältnis war sehr gut, er hat einen herausragenden Job gemacht", schrieb der abgewählte Präsident.

Barrs Abgang wenige Wochen vor dem Ende der Trump-Präsidentschaft kommt alles andere als überraschend. Der 70-Jährige hatte Anfang Dezember mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, es gebe bislang keine Hinweise für großangelegten Betrug bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November. Seitdem war bereits erwartet worden, dass Barr nicht bis zum Ende von Trumps Amtszeit am 20. Januar Justizminister bleiben würde.

"Bislang haben wir keinen Betrug von einem Ausmaß gesehen, das zu einem anderen Ausgang der Wahl hätte führen können", sagte Barr damals in einem Interview. Diese Aussagen kamen für viele Beobachter überraschend, da der Justizminister bis dahin als besonders loyaler Mitstreiter Trumps gegolten hatte.

Den Rücktritt Barrs verkündete Trump just zu dem Zeitpunkt, als der Wahlsieg seines Rivalen Joe Biden durch die landesweite Abstimmung der Wahlleute bestätigt wurde. Die Mitglieder des sogenannten Electoral College hielten sich dabei allesamt an die Ergebnisse in ihren jeweiligen Bundesstaaten.

Trump prangert vermeintlichen Wahlbetrug an, ohne dafür irgendwelche Belege zu präsentieren. Der Präsident und seine Verbündeten haben in Rechtsstreitigkeiten um die Wahl bereits dutzende Niederlagen vor Gerichten erlitten, darunter in der vergangenen Woche vor dem Obersten US-Gerichtshof.

Trump war verärgert darüber, dass ihn das Justizministerium in seinen Wahlanfechtungen nicht unterstützte. Dennoch twitterte der Präsident jetzt über Barr: "Unser Verhältnis war sehr gut, er hat einen herausragenden Job gemacht."

Er habe ein "sehr nettes Treffen" mit Barr im Weißen Haus gehabt, schrieb Trump zum Ausscheiden des Ministers. Barr werde das Amt vor Weihnachten abgeben, um "die Feiertage mit seiner Familie zu verbringen". Ein hochrangiger Mitarbeiter des Weißen Hauses betonte, Barr trete aus freien Stücken zurück: "Er wurde nicht herausgedrängt oder zum Rücktritt gezwungen."

Die Amtsgeschäfte soll nun vorübergehend der bisherige Vize-Justizminister Jeff Rosen übernehmen, wie Trump bekanntgab. Die Amtszeit Trumps und seiner Regierung läuft am 20. Januar ab. Dann wird Biden als neuer Präsident vereidigt.

Barr war eines der umstrittensten Mitglieder der Trump-Regierung. Kritiker werfen ihm vor, die traditionelle Unabhängigkeit seines Ministeriums zugunsten seiner Loyalität zu Trump geopfert zu haben. Barr wurde unter anderem vorgeworfen, in der Affäre um die verdeckten russischen Wahlkampfinterventionen des Jahres 2016 zugunsten Trumps den Präsidenten ungebührlich abgeschirmt zu haben.

Barr war der zweite Justizminister in Trumps Regierung. Seinen Vorgänger Jeff Sessions hatte der Präsident wegen dessen Umgang mit der Russland-Affäre 2018 gefeuert. Sessions hatte sich wegen Befangenheit von den Ermittlungen zu der Affäre ferngehalten, was die Einsetzung eines Sonderermittlers zur Folge hatte.

by Von Cyril JULIEN