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US-Demokraten forcieren Bestrebungen zur vorzeitigen Entmachtung Trumps

Repräsentantenhaus soll zu Wochenbeginn entsprechende Resolution verabschieden

Nach der Randale im Kapitol wollen die US-Demokraten zu Wochenbeginn ihre Bestrebungen zur vorzeitigen Entmachtung von Präsident Donald Trump forcieren. Am Montag oder Dienstag soll das Repräsentantenhaus über eine Resolution abstimmen, die Vizepräsident Mike Pence zur Absetzung Trumps auffordert. Kommt Pence dem nicht nach, soll die Kongresskammer unverzüglich ein parlamentarisches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump auf den Weg bringen, wie die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ankündigte.

Die Demokraten werfen dem abgewählten Präsidenten eine Mitverantwortung für die Erstürmung des Kongresses durch Randalierer am vergangenen Mittwoch vor. Kurz vor dem Angriff hatte Trump bei einer Kundgebung seinen völlig unbelegten Vorwurf von massivem Betrug bei der Präsidentschaftswahl im November wiederholt und seine Anhänger zum Marsch auf den Kongresssitz aufgefordert.

Trumps Amtszeit läuft zwar ohnehin nur noch bis zum 20. Januar, wenn der Wahlsieger Joe Biden als 46. US-Präsident vereidigt wird. Doch die Demokraten wollen nicht zulassen, dass Trump seine Amtszeit zu Ende bringt, und haben dabei auch mehrere Parlamentarier von Trumps Republikanern als Verbündete. "Um unsere Verfassung und unsere Demokratie zu schützen, werden wir mit Dringlichkeit handeln", schrieb Pelosi in einem Brief an ihre Parlamentskollegen.

Wie die Demokratin erläuterte, soll Pence in der Resolution des Repräsentantenhauses eine Frist von 24 Stunden gesetzt werden, um auf die Forderung nach Absetzung Trumps auf Grundlage von Zusatzartikel 25 zur US-Verfassung einzugehen. Der Artikel gibt dem Vizepräsidenten die Möglichkeit, zusammen mit dem Kabinett den Präsidenten abzusetzen, wenn sie diesen für amtsunfähig halten.

Pence hat sich zuletzt zwar von Trump distanziert. Allerdings hat er bislang nicht zu erkennen gegeben, dass er zu Trumps Absetzung bereit sein könnte. Sollte Pence also der Aufforderung des Repräsentantenhauses nicht nachkommen, soll laut Pelosi unverzüglich ein Amtsenthebungsverfahren im Kongress auf den Weg gebracht werden. Trump habe die "Sicherheit der Vereinigten Staaten und ihrer Regierungseinrichtungen ernsthaft gefährdet", heißt es in dem Text zu diesem möglichen Verfahren.

Damit ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wird, muss zunächst das Repräsentantenhaus gegen den Präsidenten Anklage erheben. Dies ist das sogenannte Impeachment. Für diese Anklageerhebung reicht eine einfache Mehrheit. Dass diese Mehrheit zustande kommen würde, gilt als sicher, da die Demokraten im Repräsentantenhaus dominieren und zudem mit der Zustimmung einiger Republikaner rechnen können.

Die Entscheidung über die Amtsenthebung des Präsidenten liegt aber laut Verfassung nicht beim Repräsentantenhaus, sondern dem Senat. In dieser Kammer werden die Republikaner ihre bisherige Mehrheit zwar demnächst verlieren, wenn die bei Nachwahlen im Bundesstaat Georgia siegreichen zwei Demokraten als Senatoren vereidigt werden. Doch ist eine Zweidrittelmehrheit für die Amtsenthebung erforderlich.

Dass eine ausreichende Zahl von Republikanern mit den Demokraten stimmen würde, um diese Mehrheit zustande zu bringen, gilt als unwahrscheinlich. Zudem ist die Zeit für das Prozedere knapp. Nach den geltenden Abläufen würde die Kammer voraussichtlich erst am 19. Januar zusammentreten, um sich mit dem Impeachment zu befassen, also nur einen Tag vor Ende von Trumps Amtszeit.

Dass die Demokraten dennoch auf das Amtsenthebungsverfahren dringen, hat wohl auch damit zu tun, dass Trump bei seiner Absetzung durch den Senat nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren dürfte.

Selbst wenn es nicht zu seiner Amtsenthebung durch den Senat kommt, wäre aber allein schon sein erneutes Impeachment für Trump eine große Schmach. Er würde damit zum ersten Präsidenten der US-Geschichte, der zwei Mal einer Amtsenthebungsprozedur ausgesetzt wird. Trumps erstes Impeachment-Verfahren hatte sich um seine Bestrebungen gedreht, Hilfe aus der Ukraine für seinen Wahlkampf zu bekommen. Es endete im vergangenen Februar mit seinem Freispruch.

by Von Ben Sheppard