Nach zwei Abstürzen mit hunderten Todesopfern mussten die 737-MAX-Maschinen des US-Flugzeugbauers Boeing am Boden bleiben - 20 Monate später haben die US-Behörden das Flugverbot nun wieder aufgehoben. Die Luftfahrtaufsicht FAA gab am Mittwoch grünes Licht für eine Wiederaufnahme des Flugverkehrs mit der Maschine. Der durch die Corona-Krise zuletzt zusätzlich unter Druck geratene Konzern sprach von einem "Meilenstein"; die Boeing-Aktien legten deutlich zu.
Das weltweite Flugverbot für die 737 MAX gilt seit März 2019. Es war nach Abstürzen von zwei Maschinen des Typs in Indonesien und Äthiopien mit insgesamt 346 Todesopfern verhängt worden, die den Flugzeugbauer - aber auch die Aufsichtsbehörden selbst - stark in die Kritik gebracht hatten.
Ermittler gehen davon aus, dass die Abstürze durch ein Problem in einem Stabilisierungssystem verursacht wurden, das bei einem drohenden Strömungsabriss die Flugzeugnase nach unten drückt. Auch wurden weitere technische Probleme entdeckt, darunter in der elektrischen Verkabelung. Boeing hat inzwischen technische Veränderungen vorgenommen, unter anderem wurde die Software des Stabilisierungssystems überarbeitet.
In einer Videobotschaft bekräftigte FAA-Chef Steve Dickson am Mittwoch, dass er sich "zu hundert Prozent" wohlfühle bei der Vorstellung, dass seine Familie an Bord einer der Maschinen sei. Dem US-Sender CNBC sagte Dickson, der bei Testflügen für die Wiederzulassung der 737 MAX selbst den Steuerknüppel übernommen hatte, dass die technischen Veränderungen an dem Flugzeugtyp es "unmöglich" machten, dass derartige Unfälle erneut passierten.
Boeing bezeichnete die Aufhebung des Flugverbots als "wichtigen Meilenstein". Zugleich erklärte Konzernchef David Calhoun, dass die Todesopfer der "tragischen Unfälle" niemals in Vergessenheit geraten sollten.
An der New Yorker Wall Street verzeichneten die Boeing-Aktien am Mittwoch deutliche Kursgewinne. Nach der Mitteilung der FAA wurde für die Papiere des Konzerns, der wie die gesamte Branche stark von der Corona-Krise getroffen ist und Ende Oktober die Streichung von 30.000 der weltweit rund 160.000 Stellen bis Ende 2021 angekündigt hatte, ein Plus von 4,4 Prozent verzeichnet.
Endgültig wieder in der Luft sind die 737-MAX-Maschinen indes noch nicht: So müssen auch die Flugaufsichtsbehörden anderer Länder die Flugzeuge wieder zulassen. Die EU-Flugaufsichtsbehörde Easa hatte allerdings bereits Ende September in Aussicht gestellt, dass die Maschine "bis zum Jahresende" wieder grünes Licht für Flüge in Europa bekommen könnte.
Die FAA betonte zudem, bevor die Maschinen wieder abheben könnten, müssten noch neue Ausbildungsprogramme für Piloten genehmigt werden; jede Fluggesellschaft müsse ihr Trainingsprogramm für Piloten der 737 MAX überarbeiten.
Die Unglücke hatten auch die FAA schwer unter Druck gesetzt. Mitte September bescheinigte ein Bericht des US-Repräsentantenhauses zu den beiden Abstürzen neben Boeing auch der Aufsicht "wiederholtes und schwerwiegendes Versagen" bei der Zulassung der Maschine. Boeing habe wichtige Informationen vor den Behörden zurückgehalten; zudem habe es im Konzern intern Druck gegeben, die 737-MAX-Maschinen möglichst schnell an den Start zu bringen, um damit dem europäischen Konkurrenten Airbus Paroli zu bieten. Bei der Aufsichtsbehörde FAA wiederum habe es unzulässige Einflussnahme hochrangiger Mitarbeiter gegeben.
by Jason Redmond