In einem Rechtsstreit über Unterhaltsvorschuss für Kinder hat das Bundesverwaltungsgericht definiert, ab wann ein Elternteil in solch einer Konstellation als alleinerziehend gilt. Das sei bei getrennt lebenden Eltern dann der Fall, wenn er oder sie mehr als 60 Prozent der Zeit die Betreuung übernimmt, entschied das Gericht am Dienstagnachmittag in Leipzig. Es ging um die Klage einer Mutter aus Nordrhein-Westfalen. (Az. 5 C 9.22 u.a.)
Der von ihr getrennt lebende Vater der Kinder zahlte keinen Unterhalt für die siebenjährigen Zwillinge. Sie beantragte darum beim Kreis Höxter Unterhaltsvorschuss. Dieser lehnte ab, weil die Kinder alle zwei Wochen von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen beim Vater seien.
Auch die Klage der Frau blieb ohne Erfolg, zuletzt vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster. Dieses rechnete aus, dass das gemeinsame Sorgerecht praktiziert werde, weil der Vater während der Schulzeiten 36 Prozent der Betreuung übernehme. Das sei eine wesentliche Entlastung für die Mutter.
Diesen Beschluss hob das Bundesverwaltungsgericht nun auf, das Gericht in Münster muss sich noch einmal mit dem Fall befassen. Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss setze erstens voraus, dass der andere Elternteil nicht genug zahle und zweitens, dass das Kind bei einem der Elternteile lebe, erklärte das Bundesverwaltungsgericht.
Die Regelung knüpfe an die prekäre Situation von Alleinerziehenden an. Diese bestehe darin, dass sie das Kind hauptsächlich betreuten und so wegen des Ausfalls des anderen Elternteils besonders belastet seien. Eine solche Belastung sei auch dann gegeben, wenn der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend bei nur einem Elternteil liege.
Wer wie viel das Kind betreut, muss laut Bundesverwaltungsgericht rein nach der Zeit errechnet werden, die das Kind in der Obhut des einen oder anderen Elternteils verbringt. Wechselt die Betreuung tageweise, kommt es darauf an, wo das Kind zu Tagesbeginn sei. Einzelne Betreuungsleistungen sollten dagegen nicht unterschiedlich gewichtet werden.
smb/cfm