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Unterschiedliche Experten-Einschätzungen zu Folgen von Verfassungsgerichts-Urteil

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat sich am Dienstag in einer Expertenanhörung mit den Folgen des Verfassungsgerichtsurteils zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) befasst. Dabei wurden von Sachverständigen unterschiedliche Einschätzungen zu der Frage geäußert, ob der Bundeshaushalt für 2024 trotz des Urteils wie geplant weiter beraten und beschlossen werden kann.

"Der Kernhaushalt ist ausverhandelt und kann vorläufig verabschiedet werden", sagte Jens Südekum von der Universität Düsseldorf in der Ausschusssitzung. Allerdings werde danach voraussichtlich für 2024 ein Nachtragshaushalt erforderlich sein, um "entweder die Einnahmebasis zu erweitern oder Kürzungen vorzunehmen". Hintergrund sei, dass in dem durch das Urteil direkt betroffenen Klima- und Transformationsfonds (KTF) wichtige Projekte enthalten seien, die "nicht in großem Umfang gestrichen" werden dürften und daher anderweitig finanziert werden müssten.

Im Gegensatz dazu forderte Hanno Kube von der Universität Heidelberg zunächst einen Kassensturz. Er verwies darauf, dass auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) und damit auch der Kernhaushalt 2023 von dem Gerichtsurteil betroffen sein dürften. Vor einer Entscheidung über den Etat 2024 müsse daher der Etat 2023 durch einen Nachtragshaushalt "verfassungsrechtlich abgesichert" werden. Eine zunächst nur vorläufige Haushaltsführung für 2024 müsse dabei in Kauf genommen werden.

Auf negative Folgen des Urteils für die ohnehin schwierige Wirtschaftslage in Deutschland verwies Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie. Langfristige Investitionspläne des öffentlichen Sektors wie sie im KTF angelegt sind, hätten stabilisierend auch auf den privaten Sektor wirken können. Jetzt jedoch entstehe sogar zusätzlich "Unsicherheit bei privaten Investitionsplänen" von Unternehmen, aber auch von Bürgerinnen und Bürgern, was "eine schlechte Nachricht" für die Wirtschaft in Deutschland sei.

Der Haushaltsausschuss hatte die Anhörung angesetzt, um die Folgen des Urteils klarer abschätzen zu können. Die Beratungen über den Etat 2024 waren daher zunächst unterbrochen worden, sollen im Ausschuss aber an diesem Donnerstag nach der bisherigen Planung abgeschlossen werden. Dies gilt allerdings als ungewiss. Die Unionsfraktion will die Expertenanhörung zudem bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, ob sie weitere Verfassungsbeschwerden zur Haushaltsführung der Bundesregierung einreicht.

Mit ihrem Einspruch gegen die Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) 2021 hatten CDU und CSU am vergangenen Mittwoch Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass 60 Milliarden Euro an ungenutzten Kreditermächtigungen für den Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht rückwirkend in den Fonds verschoben werden dürfen.

Die Mittel waren bislang für klimapolitische Projekte der Ampel-Koalition, aber auch für die Förderung von Investitionsvorhaben von Unternehmen sowie des klimafreundlichen Umbaus der Wirtschaft vorgesehen. Auch die Zukunft der Energiepreisbremsen könnte in Frage stehen, deren Finanzierung über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) läuft. Die Bundesregierung prüft derzeit die Konsequenzen der Karlsruher Entscheidung sowie Möglichkeiten, die fehlenden Gelder zu ersetzen.

bk/mt