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Untergrundparlament in Myanmar fordert zu neuen Protesten gegen Militärjunta auf

Mindestens elf Tote bei landesweiten Demonstrationen am Wochenende

In Myanmar hat eine Gruppe gewählter Abgeordneter, die seit der Machtergreifung des Militärs im Untergrund leben und eine Art Gegenregierung gebildet haben, zu neuen Protesten gegen die Junta aufgerufen. Die Menschen sollten weiter gegen die “unrechtmäßige Diktatur” auf die Straße gehen, sagte Ex-Parlamentspräsident Mahn Win Khaing Than am Samstagabend in einem Video. Bei Demonstrationen wurden unterdessen am Wochenende mindestens elf Menschen getötet

Myanmar erlebe gerade seine “dunkelste” Zeit, aber das Licht des Sonnenaufgangs sei nah, sagte Than in der Videobotschaft auf Facebook. Er forderte die Menschen auf, weiter Widerstand gegen die Militärregierung zu leisten: “Wir werden diesen Aufstand gewinnen.”

Than gehört der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), der Partei der abgesetzten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, an. Nach dem Putsch am 1. Februar schloss er sich mit anderen im November gewählten Abgeordneten zusammen, um sich der Militärregierung entgegenzustellen. Die Gruppe nennt sich Committee for Representing Pyidaungsu Hluttaw (CRPH) und soll das legitime Parlament Myanmars repräsentieren, das auf Birmanisch Pyidaungsu Hluttaw heißt.

Die Militärregierung hat den Abgeordneten “Hochverrat” vorgeworfen, was mit bis zu 22 Jahren Gefängnis bestraft werden kann.

Seit der Machtübernahme des Militärs gehen die Menschen in Myanmar jeden Tag zu Zehntausenden auf die Straße. Die Sicherheitskräfte gehen mit Tränengas, Gummigeschossen und scharfer Munition gegen die Demonstranten vor. Seit dem Putsch wurden nach Angaben von Beobachtern aus Myanmar schon mehr als 80 Menschen bei Protesten getötet.

Auch am Wochenende gab es wieder im ganzen Land Proteste. Dabei wurden mindestens elf Menschen getötet. In der Nacht zum Samstag töteten Polizisten in der größten Stadt Yangon drei Menschen, die gegen nächtliche Festnahmen protestierten. Vor einer Polizeiwache im Stadtteil Thaketa erschossen Polizisten nach Angaben von Anwohnern zwei Demonstranten, die die Freilassung von drei jungen Männern verlangten. Die Staatszeitung “New Light of Myanmar” schrieb, die Polizisten hätten Warnschüsse abgegeben, um die Menschen auseinanderzutreiben.

Auch im Stadtteil Hlaing gingen Anwohner auf die Straße, um gegen Patrouillen von Polizisten und Soldaten in ihrer Nachbarschaft zu protestieren. Ein junger Mann, der von einer Kugel in den Kopf getroffen wurde, starb. Auch am Sonntag waren in Yangon Schüsse zu hören, unter anderem im Stadtteil Hlaing Tharyar und am Einkaufszentrum Hledan.

Eine Ärztin berichtete von mindestens drei weiteren Toten. Sie seien während der Behandlung gestorben, sagte sie AFP. Sie vermutete, dass weitere Demonstranten ihre schweren Verletzungen nicht überleben werden. Stunden zuvor hatte ein Polizist mit dem Einsatz schwerer Waffen gewarnt: Er werde “keine Gnade” mit den Demonstranten in Hlaing Tharyar haben, sagte er in einem später wieder aus dem Netz verschwundenen TikTok-Video.

Bei einer Demonstration in der zweitgrößten Stadt Mandalay töteten Sicherheitskräfte am Samstag mindestens drei Menschen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP und ein Arzt berichteten. Am Sonntag wurde nach Angaben eines Arztes eine 24-jährige Frau durch Kopfschuss getötet. Mindestens sieben weitere Demonstranten erlitten demnach Schussverletzungen.

Am Sonntag wurde in Hpakant im Norden Myanmars ein Demonstrant erschossen. Nach Angaben eines Arztes wurde der Mann von einer Kugel in die Brust getroffen und verblutete auf dem Weg ins Krankenhaus. Drei Menschen wurden demnach von Gummigeschossen schwer verletzt.

Im ganzen Land versammelten sich zudem hunderte Menschen zu Mahnwachen für getötete Demonstranten. “Mögen die gefallenen Helden, die ihr Leben für diese Frühlings-Revolution gegeben, in Frieden ruhen”, riefen Demonstranten in Thaketa.

by STR

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