Zweieinhalb Wochen nach Beginn des Krieges zwischen der Hamas und Israel muss die UNO ihre Arbeit im Gazastreifen angesichts fehlender Mittel womöglich bereits am Mittwoch aussetzen. "Wenn wir nicht schnell Treibstoff bekommen, werden wir gezwungen sein, unsere Tätigkeit im Gazastreifen einzustellen", erklärte das UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA). Derweil wurden die diplomatischen Bemühungen zur Eindämmung des Konflikts fortgesetzt, der französische Präsident Emmanuel Macron traf in Kairo ein.
Nach UN-Angaben ist der von ihr für den Gazastreifen geforderte Treibstoff insbesondere für den Betrieb von Generatoren in Krankenhäusern sowie zum LKW-Transport von Hilfsgütern nötig. Die Weltgesundheitsorganisation WHO erklärte, mittlerweile seien sechs Krankenhäuser im Gazastreifen wegen Treibstoffmangels geschlossen.
"Wir haben mehrere Verletzte ohne Anästhesie operiert", berichtete der Chirurg Ahmad Abdul Hadi vom Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Küstenstreifens einem AFP-Reporter. Laut dem Leiter des Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt, Mohammed Abu Selmeja, sind "zehn Krankenhäuser bereits außer Betrieb". Zudem seien "mehr als 90 Prozent der Medikamente" aufgebraucht.
Am Dienstag hatte UN-Generalsekretär António Guterres kritisiert, dass die internationale Hilfe den von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas beherrschten Küstenstreifen nur "tröpfchenweise" erreiche. Er forderte daher "eine sofortige humanitäre Waffenruhe", um den Zivilisten dort Hilfe leisten zu können.
Die Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel gestartet, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1400 Menschen getötet und mehr als 220 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden.
Als Reaktion darauf riegelte Israel den Gazastreifen ab und startete massive Luftangriffe auf mutmaßliche Hamas-Stellungen. Seit Beginn der israelischen Angriffe wurden nach Hamas-Angaben, die nicht unabhängig überprüft werden konnten, im Gazastreifen 6546 Menschen getötet, darunter 2704 Kinder.
Derweil werden die internationalen Bemühungen zur Eindämmung des Konflikts fortgesetzt. Am Mittwoch traf der französische Präsident Macron in Kairo ein, wo er mit seinem ägyptischen Kollegen Abdel Fattah al-Sisi über den Krieg zwischen der Hamas und Israel sprechen wollte. Zuvor hatte Macron auf seiner Nahost-Reise bereits Israel, das Westjordanland und Jordanien besucht.
Ägypten gilt traditionell als Vermittler im Nahost-Konflikt. Es hatte 1979 als erstes arabisches Land Frieden mit Israel geschlossen. Das Land unterhält zudem die einzige nicht von Israel kontrollierte Grenze zum Gazastreifen; über den Übergang Rafah waren in den vergangenen Tagen erste Hilfslieferungen eingetroffen.
Israel setzte seine Luftangriffe auf Ziele in dem dicht besiedelten Palästinensergebiet unvermindert fort. Die israelische Armee erklärte, am Dienstag "umfangreiche Angriffe auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen im Gazastreifen" ausgeführt zu haben. "Mehrere terroristische Infrastrukturen der Hamas" seien getroffen worden. Dazu gehörten demnach Tunnel, Kommandozentralen, Waffenlager und Abschussrampen.
Darüber hinaus hat Israel zehntausende Soldaten an der Grenze zum Gazastreifen stationiert, hält sich aber angesichts der ungeklärten Lage israelischer Geiseln bislang mit einer Bodenoffensive zurück.
Seit dem Hamas-Großangriff wächst die Angst vor einer Ausweitung des Krieges in der Region. Insbesondere wird befürchtet, dass die bereits bestehenden Konflikte Israels mit Syrien sowie mit der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon weiter angeheizt werden könnten. Seit dem Hamas-Angriff gibt es täglich militärische Auseinandersetzungen an der israelisch-libanesischen Grenze. Auf beiden Seiten wurden Tote gemeldet.
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah traf sich nach Angaben der Miliz mit ranghohen Vertretern der radikalislamischen Hamas und der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Bei dem Treffen sei es darum gegangen, wie ein "echter Sieg" im Krieg gegen Israel errungen werden könne, erklärte die im Libanon ansässige Hisbollah am Mittwoch. Allerdings machte sie keine Angaben dazu, wann und wo das Treffen stattfand.
kas/ju