Nach dem ersten Sondierungstreffen mit den Grünen haben die Vorsitzenden von CDU und CSU für eine Fortsetzung der Gespräche mit dem Ziel einer gemeinsamen Regierungsbildung geworben. CDU-Chef Armin Laschet und der CSU-Vorsitzende Markus Söder sahen im Anschluss an die Beratungen der Sondierungsteams am Dienstag keine unüberwindbaren Gegensätze. Die Grünen ließen allerdings offen, ob sie die Gespräche fortführen wollen: Eine Entscheidung wollen sie am Dienstag und Mittwoch in internen Beratungen treffen.
Laschet und Söder hoben nach dem Spitzentreffen die Gemeinsamkeiten hervor. Zwar seien "auch Gegensätze deutlich geworden", sagte Laschet. "Es ist aber nicht so, dass Gegensätze nicht überwindbar sind. Das müsste man vertiefen, das würde sich lohnen." Das von der Union favorisierte Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP hätte "eine Breite in der Gesellschaft, die es möglich macht, das Land in den nächsten Jahren zu modernisieren".
CSU-Chef Söder berichtete von einer Annäherung im Bereich Klimaschutz und ökologische Transformation. "Da haben wir viele Gemeinsamkeiten gefunden", sagte er. Söder stellte auch einen Vergleich zum Sondierungsgespräch der Union am Sonntag mit der FDP an. "Ich fand das Gespräch heute noch spannender, weil es auch viel Denksport für alle Beteiligten ist, die Zukunft zu entwickeln", sagte er. "Insofern hätten wir hier Interesse, weiter im Gespräch zu bleiben."
Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck ließen die Avancen der Unions-Chefs nach dem Gespräch aber ins Leere laufen. Sie kündigten an, ihre Sondierungsgespräche mit Union und SPD nun zunächst intern in den Gremien zu beraten und dann eine Entscheidung über das weitere Vorgehen zu treffen - dafür wollten die Grünen sich am Dienstag und Mittwoch "Zeit nehmen", sagte Habeck.
Wie die Unions-Chefs charakterisierten auch die Grünen-Vorsitzenden die Gespräche als "konstruktiv" und "ernsthaft". Als "gemeinsame Anliegen" seien Themen wie die Digitalisierung und die ökologische Transformation sichtbar geworden, sagte Baerbock. Den Grünen sei es wichtig, dass es bei der Neubildung einer Regierung "zu einem wirklichen Aufbruch für unser Land kommt".
Auch über Differenzen sprachen die Parteichefs: Baerbock sagte, Union und Grüne stünden etwa "im gesellschaftspolitischen Bereich eher weiter auseinander". Söder nannte als einen Konfliktpunkt die Migrationspolitik: Hier sehe er noch "eine Menge Gesprächsbedarf".
Wie es nun mit der Regierungsbildung weitergeht, blieb am Dienstag unklar. Die Union vertrat die Position, dass nun die Grünen und die FDP über einen Fortgang der Gespräche mit den größeren Parteien Union und SPD entscheiden müssten. "Die CDU hat diese Wahl nicht gewonnen, wir liegen auf Platz zwei", sagte Laschet. Söder sagte: "Wir sind gespannt, wie es weitergeht."
Offen blieb auch, ob im Falle weiterer Jamaika-Gespräche CDU-Chef Laschet oder CSU-Chef Söder Anwärter auf das Kanzleramt wäre. Habeck wollte dazu keine Präferenz seiner Partei äußern. Laschet sagte, in den Gesprächen hätten Personalfragen keine Rolle gespielt, "ich finde, die müssen auch zurückstehen".
by Odd ANDERSEN