Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will am Montag im Bundestags-Finanzausschuss Stellung nehmen zur Razzia in seinem Ministerium - mutmaßlich per Videoschalte. Unionspolitiker sind empört und verlangen das persönliche Erscheinen des Ministers. Die SPD wiederum wirft der Union vor, die Vorgänge rund um die Durchsuchungsaktion, bei denen es um Ungereimtheiten bei der Geldwäsche-Spezialeinheit FIU geht, falsch darzustellen.
Die Financial Intelligence Unit (FIU) ist beim Zoll angesiedelt, der dem Bundesfinanzministerium untersteht. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt gegen Verantwortliche der FIU. Mitarbeiter der Behörde sollen Hinweise auf Geldwäsche nicht an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben haben.
Im Zuge der Ermittlungen gab es vor rund zehn Tagen Durchsuchungsaktionen im Bundesfinanzministerium und im Bundesjustizministerium. Scholz äußerte sich dazu kritisch. Am Montag befasst sich der Finanzausschuss mit der Sache. Die Sitzung ist hybrid geplant, die Teilnahme ist also in Präsenz und auch per Videokonferenz möglich.
"Sollte Herr Scholz am Montag nicht persönlich dem Parlament Rede und Antwort stehen und lieber Wahlkampf machen, wäre es die nächste Entgleisung", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak der "Bild am Sonntag". "Dann verschaukelt er das Parlament."
Die Finanzausschusssitzung beginnt um 10.00 Uhr. Scholz war am Wochenende in Bayern unterwegs und hat am Montag ab 12.00 Uhr mehrere Wahlkampftermine in Baden-Württemberg. Das Bundesfinanzministerium teilte zur Frage, auf welchem Wege sich Scholz im Ausschuss äußern werde, lediglich mit, der Minister werde die Einladung zur Teilnahme an der Sitzung annehmen.
Der Unions-Finanzpolitiker Fritz Güntzler (CDU), der Mitglied des Finanzausschusses ist, zeigte sich empört. Sollte es sich bewahrheiten, dass Scholz "Wahlkampftermine für Montag hat planen lassen, damit er am Montag nicht vor dem Deutschen Bundestag erscheinen muss, dann wäre das ein politischer Skandal", sagte Güntzler der Nachrichtenagentur AFP. "Solch ein Verhalten entspräche einer gezielten Täuschung des Parlaments", urteilte er.
Der SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner kritisierte die Union. "Nach den Attacken von Armin Laschet und Friedrich Merz konnten Beobachter ja fast meinen, es seien ganze Ministerien von Staatsanwälten leer geräumt worden", sagte er der "Heilbronner Stimme". "Es ist festzuhalten, dass es gar keine Durchsuchung gab." Medienberichten zufolge übergaben Mitarbeiter der Ministerien den Ermittlern die gewünschten Unterlagen oder sagten ihnen den elektronischen Zugriff darauf zu.
Die FIU steht bereits länger als ineffektiv in der Kritik. Vertreter von FDP, Linken und Grünen machten Scholz schwere Vorwürfe wegen der Probleme der Einheit. "Scholz hat viel zu spät realisiert, dass diese Behörde nicht funktioniert", sagte FDP-Finanzexperte Florian Toncar der "Rheinischen Post" vom Samstag. "Die Defizite im Bereich Personalausstattung und IT wurden zu spät angegangen und sind bis heute nicht gelöst."
Kritisch äußerte sich auch Linke-Finanzexperte Fabio De Masi. Er warf Scholz vor, sich nicht um die Behebung der "strukturellen Probleme" bei der FIU gekümmert zu haben.
"Der bisherige Umgang von Olaf Scholz mit seinen eigenen Fehlern ist eines Ministers und Kanzlerkandidaten unwürdig", sagte die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus der Zeitung. "Scholz sollte jetzt Rückgrat zeigen und die politische Verantwortung übernehmen."
by Ina FASSBENDER