Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat der EU vorgeworfen, Brüsseler Corona-Hilfen wegen des Streits um das Homosexuellen-Gesetz des Landes zu blockieren. Die EU-Kommission weigere sich "wegen der Debatte über die LGBTQ-Politik", die Mittel freizugeben, sagte Orban am Freitag. Der Staatshaushalt sei jedoch stabil und er werde sich weiter für die "Souveränität" des Landes einsetzen.
In Ungarn war Anfang Juli ein Verbot von "Werbung" für Homo- und Transsexualität in Kraft getreten. Unter anderem aus Brüssel gab es daran scharfe Kritik. Dass die Diskriminierung von LGBTQ-Menschen (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, queer) ein Grund für das ausbleibende grüne Licht für die EU-Corona-Hilfen für Ungarn seien, weist die Kommission jedoch zurück.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten im vergangenen Jahr einen 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfsfonds auf den Weg gebracht. Davon sollen 7,2 Milliarden Euro nach Ungarn fließen. Um die ihnen zustehenden Mittel abzurufen, müssen die 27 Mitgliedstaaten jeweils nationale Ausgabenpläne in Brüssel einreichen, die von der Kommission genehmigt werden.
Die Pläne der meisten Länder, darunter auch Deutschlands, hat die Behörde bislang durchgewunken. Im Fall von Ungarn sowie Polen, die beide seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen in Brüssel am Pranger stehen, meldete die Kommission Bedenken an. Beim ungarischen Aufbauplan machte sie Mängel bei der Korruptionsbekämpfung und fehlende Unabhängigkeit der Gerichte geltend.
Ende Juli hatte die Brüsseler Behörde die ursprünglich zwei Monate lange Frist zur Annahme des ungarischen Plans bis Ende September verlängert. Orban sagte nun in einem Interview mit Staatsmedien, er erwarte "anhaltende Schwierigkeiten" mit der EU. Dennoch werde Ungarn "zu den letzten innerhalb der EU gehören, sollte sie jemals aufhören zu existieren". Die Gemeinschaft sei sehr wichtig, "weil sie Ungarn einen Markt bietet", sagte Orban.
by Jure Makovec