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Unfallflucht ohne Personenschäden könnte zu Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden

Das Bundesjustizministerium erwägt, Unfallflucht ohne Personenschaden statt als Straftat nur noch als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Eine Ministeriumssprecherin teilte am Dienstag in Berlin als Reaktion auf diesbezügliche Medienberichte mit, es werde geprüft, ob bei diesem Thema Handlungsbedarf bestehe. "Eine Entscheidung, ob und wie eine mögliche Anpassung erfolgt, ist noch nicht getroffen worden", fügte die Sprecherin aber hinzu.

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) hatte zuvor berichtet, aus Eckpunkten des von Marco Buschmann (FDP) geführten Ministeriums gehe hervor, dass Unfälle mit Fahrerflucht zu Ordnungswidrigkeiten herabgestuft werden sollten, wenn zwar ein Sachschaden, aber kein Personenschaden vorliegt. Durch diese Herabstufung "würde einer undifferenzierten Kriminalisierung des Unfallverursachers entgegengewirkt", zitierten die RND-Zeitungen aus dem Papier.

Die Ministeriumssprecherin erklärte dazu allerdings, es gebe in dieser Sache bislang kein Eckpunktepapier, sondern lediglich ein Schreiben der Fachebene des BMJ an die Landesjustizverwaltungen und Fachverbände. Hintergrund sei die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, "das Strafrecht systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche zu prüfen". Hierbei solle der Fokus "auf historisch überholte Straftatbestände, die Modernisierung des Strafrechts und die schnelle Entlastung der Justiz gelegt werden".

Bislang kann die unerlaubte Entfernung Beteiligter vom Unfallort laut Paragraf 142 des Strafgesetzbuchs mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden. Dies könnte dann künftig möglicherweise nur noch bei Unfällen mit Personenschaden gelten. 

Sobald es körperlich Geschädigte gebe, sei es stets erforderlich, "am Unfallort zu verbleiben und sich als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben", hieß es aber laut RND in dem Papier. Dies gelte "trotz der mit der Selbstanzeige des Unfalls verbundenen Selbstbezichtigung einer gegebenenfalls mitverwirklichten Begleittat", etwa einer Trunkenheitsfahrt.

Vor diesem Hintergrund gebe es umgekehrt aber "gute Argumente dafür, von einer Strafbewehrung der unterlassenen Selbstanzeige des Unfalls bei reinen Sachschäden abzusehen", hieß es weiter. Denn Paragraf 142 durchbreche das Prinzip der "Straflosigkeit der Selbstbegünstigung". 

Bislang gilt, dass Unfallbeteiligte eine "angemessene Zeit" am Unfallort warten müssen. Als Alternative dazu bringt das Justizministerium nun die Einrichtung einer Meldepflicht und Meldestelle ins Spiel. "Denkbar wäre etwa eine Meldung über eine standardisierte Online-Maske, gegebenenfalls auch mit hochzuladenden Bildern vom Unfallort und Schaden, oder eine, am geschädigten Fahrzeug zu fixierende, Schadensmeldung, bei deren ordnungsgemäßer Vornahme keine tatbestandsmäßige Handlung vorläge".

Gegen ein solches Vorgehen wandte sich der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU). "Die Verkehrsunfallflucht muss Straftat bleiben und das ohne Abstriche", erklärte er in Wiesbaden. Es gehe hier um "kein Kavaliersdelikt". Schon jetzt würden viele Unfallopfer auf Sachschäden sitzen bleiben. "Es liegt auf der Hand, dass sich bei einer Entkriminalisierung der Verkehrsunfallflucht noch mehr Verkehrsteilnehmer ihren Pflichten entziehen werden", warnte Poseck.

bk/cha