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Ukrainischer Außenminister fordert mehr deutsche Führung in Ukraine-Frage

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Bundesregierung aufgefordert, in der Ukraine-Diplomatie auch in Zukunft eine Führungsrolle zu übernehmen. Kuleba lobte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem Interview der "Bild am Sonntag" ("BamS") dafür, beim EU-Gipfel ein ungarisches Veto gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Kiew verhindert zu haben. Dies werde "als ein Akt deutscher Führung im Interesse Europas in die Geschichte eingehen". 

Er könne nur hoffen, "dass dies auch eine breitere und unumkehrbare Kehrtwende in der deutschen Haltung" bedeute, fügte Kuleba hinzu. Noch im Mai seien seine Appelle an Deutschland, in der Frage der EU-Beitrittsverhandlungen die Führung zu übernehmen, "meist auf taube Ohren" gestoßen. 

Scholz hatte beim EU-Gipfel dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban vorgeschlagen, für eine Kaffeepause den Saal zu verlassen, damit die versammelten Staats- und Regierungschefs ohne ihn über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine abstimmen könnten. Orban war diesem Vorschlag gefolgt, so dass in seiner Abwesenheit die Vertreter der anderen 26 Mitgliedstaaten den Beschluss für die Beitrittsverhandlungen fällten.

Kuleba betonte nun in der "BamS" zudem, dass die EU mit dieser Entscheidung erstmals seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 "nicht auf die amerikanischen Entscheidungsträger gewartet hat, sondern ihnen ein Beispiel gegeben hat, dem sie folgen sollten". Dies beweise, "dass Europa die Fähigkeit hat, eine Führungsrolle zu übernehmen, und dass es nur mehr Selbstvertrauen braucht". 

In Washington wird seit Monaten um die Fortsetzung der Militärhilfen für die Ukraine gerungen. Gegen diese Hilfen gibt es Widerstand aus den Reihen der oppositionellen Republikaner im Kongress. 

Allerdings waren weitere Ukraine-Hilfen auch ein ungelöstes Streitthema beim EU-Gipfel am vergangenen Donnerstag und Freitag. Während er durch kurzzeitige Abwesenheit den Beschluss zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Kiew ermöglichte, hielt Organ an seinem Widerstand gegen die Freigabe von Ukraine-Geldern in Höhe von 50 Milliarden Euro fest. Anfang des kommenden Jahres soll nun ein Sondergipfel zu den Ukraine-Hilfen stattfinden.

dja