Russland hat nach eigenen Angaben in der Nacht Drohnenangriffe auf einen Marinestützpunkt in Russland und die annektierte ukrainische Halbinsel Krim abgewehrt. Die ukrainischen Streitkräfte hätten in der Nacht "unter Verwendung zweier Schiffsdrohnen" versucht, die Schwarzmeerflotte in der südrussischen Hafenstadt Noworossijsk anzugreifen, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitag im Onlinedienst Telegram. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu reiste unterdessen zu einem Truppenbesuch an die Front.
Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, zerstörten russische Schiffe die auf Noworossijsk abgeschossenen Drohnen. Es war der erste derartige Angriff auf den Marinestützpunkt seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.
Ukrainische Sicherheitskreise bestätigten gegenüber der Nachrichtenagentur AFP den Drohnenangriff. Er sei in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Geheimdienst SBU vorbereitet worden, hieß es. Ein AFP vorliegendes Video zeigt eine Schiffsdrohne, die auf ein Kriegsschiff zusteuert, bevor die Übertragung kurz vor dem Einschlag abbricht.
Noworossijsk ist ein wichtiger Hafen für Öltanker und liegt am Ende einer etwa 1500 Kilometer langen Pipeline, die Öl aus Kasachstan und mehreren russischen Regionen liefert. Ein Großteil des für den Export bestimmten kasachischen Öls wird über diese Pipeline transportiert.
Der Betreiber Caspian Pipeline Consortium erklärte laut Nachrichtenagentur Interfax, es werde weiterhin Öl an die im Hafen vor Anker liegenden Schiffe geliefert. Allerdings sei ein vorübergehendes Einfahrverbot für den Hafen verhängt worden.
Die russische Schwarzmeerflotte ist seit Beginn der russischen Invasion immer wieder Ziel von Angriffen gewesen, in den vergangenen Wochen häuften sich diese jedoch.
Das Gleiche gilt für die 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim. Wie das Verteidigungsministerium in Moskau mitteilte, schossen russische Kräfte in der Nacht zu Freitag 13 Drohnen über der Krim ab. Es seien keine Menschen oder Gebäude zu Schaden gekommen, hieß es.
Die russische Armee teilte unterdessen mit, Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe im ostukrainischen Lyman einen Kommandoposten besucht und sich mit hochrangigen Offizieren getroffen. In der Kleinstadt Lyman habe sich Schoigu über die Situation an der Front informiert und "Kommandeuren und Soldaten (...) für erfolgreiche Offensivoperationen gedankt", hieß es. Auf Fernsehbildern war Schoigu in Uniform neben General Andrej Mordwitschew, dem Chef der Zentralen Militäreinheit in der Ukraine, zu sehen.
Die Bilder zeigten den Minister außerdem auf einem schwedischen CV90-Panzer – "eines der vielen gepanzerten Fahrzeuge, die während der Kämpfe erbeutet wurden", teilte die Armee weiter mit.
Wann der Besuch stattfand, wurde nicht mitgeteilt. Zuletzt hatte Schoigu die Front Ende Juni nach einem gescheiterten Aufstand der russischen Söldnertruppe Wagner besucht.
Die ukrainische Armee hatte im Juni mit einer lange erwarteten Gegenoffensive begonnen, aber bislang nur bescheidene Fortschritte verzeichnet. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach am Donnerstag von "harten Kämpfen" an der Front und bezeichnete die ukrainischen Streitkräfte zugleich als "überlegen". Derzeit werde unter anderem in Kupiansk, Lyman und Bachmut sowie an der südlichen Front gekämpft, sagte Präsident Selenskyj.
Im Spätsommer und Herbst 2022 hatte die Ukraine relativ schnelle Geländegewinne rund um Cherson und Charkiw gemacht. Aber inzwischen sind die russischen Stellungen besser gefestigt. Kiew hatte davor gewarnt, dass die Gegenoffensive sich hinziehen könne und seine Verbündeten um zusätzliche Waffenlieferungen gebeten.
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