München/Bachmut – Der Ukraine-Krieg setzt sein tödliches Werk fort, während das Sterben weitergeht. Die Bilder, die sich zeigen, sind beklemmend. Ein ukrainischer Soldat sitzt am Rand eines Schützengrabens und liest nachdenklich die Dokumente eines mutmaßlich russischen Soldaten. Es handelt sich vermutlich um einen Pass. Einige Meter entfernt liegen blutverschmiert die Leichen von zwei getöteten russischen Soldaten, wie ihre Uniformen und Abzeichen zeigen.
Diese Szenen sollen sich kürzlich in Bachmut abgespielt haben, lassen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen. Dennoch wird das Video, das offenbar von der 3. Angriffsbrigade der ukrainischen Streitkräfte aufgenommen wurde, auf Twitter unter den Hashtags #Bachmut und #bakhmut verbreitet. In einer anderen Sequenz sind die beiden beschriebenen Leichen zu sehen, was hier nicht gezeigt wird. Die Vorgehensweise zeigt eine neue Taktik der ukrainischen Armee, nachdem sie in den letzten Tagen sowohl im Süden bei Saporischschja als auch im Osten bei Bachmut mehrere Leopard-2-Kampfpanzer und Bradley-Schützenpanzer verloren hat. Es scheint nun, dass zunächst die Schützengräben entlang der russischen Kontaktlinie eingenommen werden, bevor Panzereinheiten auf die Hauptverteidigungslinie der Besatzer vorrücken sollen. Hanna Maljar, stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin, berichtete am Dienstag (20. Juni), dass sich die ukrainischen Streitkräfte “Meter für Meter vorarbeiten” und dass der Hauptangriff der Gegenoffensive “noch bevorsteht”. Einen Tag zuvor beschrieb sie die Lage im Osten als “schwierig” und berichtete von “intensiven Kämpfen”.
Die Gefechte werden offenbar immer erbarmungsloser geführt, wenn das überhaupt noch möglich ist. Soldaten beider Seiten teilen ungeniert Videos auf Telegram und Twitter, die zeigen, wie sie sich gegenseitig töten. Ein Video, das beispielsweise mit einer Körperkamera aufgenommen wurde, zeigt einen Kämpfer einer ukrainischen Spezialeinheit, der bei einem Sturm auf einen russischen Schützengraben aus nächster Nähe vier feindliche Soldaten erschießt. Auch diese Aufnahmen lassen sich nicht unabhängig verifizieren, wirken aber zumindest authentisch. Den Kartenmaterialien des Institute for the Study of War (ISW) und des AEI’s Critical Threats Project zufolge, scheinen die ukrainischen Streitkräfte südwestlich und nordwestlich von Bachmut schrittweise voranzukommen. Es gibt mittlerweile zahlreiche Aufnahmen von der Front auf Twitter, die zeigen, wie die ukrainische Gegenoffensive offenbar auch mit veralteten US-amerikanischen M113-Truppentransportern voranschreitet.
Die Richtung der ukrainischen Gegenoffensive an diesem Frontabschnitt lässt jedoch darauf schließen, dass eine Einkesselung der verbliebenen russischen Truppen zu erwarten ist, nachdem sich die Wagner-Söldner nach monatelangen blutigen Kämpfen zurückgezogen haben. Die Rückeroberung von Bachmut hätte allein aus diesem Grund symbolische Bedeutung, auch wenn die völlig zerstörte Stadt infrastrukturell quasi nicht mehr nutzbar ist. Angeblich haben ukrainische Truppen bereits am 14. Juni die Siedlung Berchiwka, etwa zwei Kilometer nördlich der Stadtgrenze, eingenommen. Es handelt sich um eine Anhöhe, von der aus man einen optimalen Blick auf die gesamte Stadt hat. Der Hügel eignet sich ideal für die Positionierung von Artillerie. Ein Video ukrainischer Soldaten, das ebenfalls auf Telegram verbreitet und auf Twitter geteilt wurde, soll sie auf diesem Hügel zeigen. Andere ukrainische Soldaten haben auch ein Video von ihrem Einsatz in einer deutschen Panzerhaubitze 2000 gepostet, die angeblich ebenfalls bei Bachmut stationiert ist.